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Past Lives
Der Blick über die Theke ans andere Ende einer Bar weit nach Mitternacht. Eine Koreanerin und ein Koreaner unterhalten sich, ein Amerikaner sitzt gelangweilt daneben. Zwei Stimmen aus dem Off überlegen, was ihre Geschichte sein könnte. Welche absurden Wendungen das Leben aber wirklich bereithält, das können sich auch die zwei Stimmen, die den Stein ins Rollen bringen, nicht ausmalen. Schließlich erzählt das Leben manchmal die besten Geschichten.
Dies ist die Geschichte von Nora (Greta Lee, „Sisters“) und Hae Sung (Teo Yoo, „Die Frau im Nebel“). In ihrer Kindheit waren sie Freunde, teilten den Schulweg miteinander und den Wettstreit um gute Noten. Mit zwölf trennten sich ihre Wege. Nora wanderte mit ihrer Familie nach Kanada aus. 24 Jahre vergehen. Ihre Kindheit liegt weit zurück. Eines Tages erhält Nora eine Facebook-Anfrage von Hae Sung, der zwischenzeitlich als Manager in Seoul arbeitet. Bei den Videochats zwischen den beiden ist die alte Chemie wieder da. Doch wieder vergehen einige Jahre ohne ein Wiedersehen. Nora lebt zwischenzeitlich in New York. Ihre Arbeit als Übersetzerin ist hoch angesehen und bei einem Schreibworkshop lernte sie Arthur (John Magaro, „First Cow“) kennen und lieben. Da beschließt Hae Sung für ein paar Tage nach New York zu reisen, um Nora wiederzusehen. Wie zu erwarten, bringt seine Ankunft Noras Leben grundsätzlich durcheinander.
Die Fäden des Schicksals hält die Autorin und Regisseurin Celine Song in den Händen. In ihrem autobiographisch geprägten Regiedebüt schildert sie einfühlsam und charmant das Gefühlschaos in Nora. Song schafft es den Gefühlsgrat, auf dem sich ihre Protagonistin bewegt, stets nachvollziehbar zu schildern. Einerseits ist Nora seit sieben Jahren glücklich mit Arthur verheiratet, als Hae Sung wieder in ihr Leben tritt. Sie hat ihren Platz in ihrer neuen Heimat gefunden, identifiziert sich als Amerikanerin. Als Hae Sung in ihr Leben platzt, spricht sie zum ersten Mal wieder regelmäßig ihre Muttersprache und die alten Gefühle für den Freund flammen auf.
All das erzählt Celine Song ohne ausladende Melodramatik im Stil typischer Hollywood-Geschichten, stattdessen mit viel Charme und warmem Humor. „Past Lives“ ist eine universelle Geschichte über Migration, die von lebensnahen Figuren zum Leben erweckt und von einem wundervollen Darstellerensemble getragen wird. Kein Wunder, dass der Film bei seinen Festivalpremieren in Sundance und Berlin die Herzen des Publikums und der Kritiker gleichermaßen im Sturm erobern konnte.
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- Publiziert von:
- Lars Tuncay, 11.08.2023 / 8:15
- Rubrik:
- Kritiken LT
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