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Roter Himmel

Regie: Christian Petzold, mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt, 102 Min., FSK: ab 12

Eigentlich wollte der junge Schriftsteller Leon (Thomas Schubert) Ruhe finden, um seinen zweiten Roman zu vollenden. Doch der Trip an die Ostsee mit Felix (Langston Uibel), seinem Freund aus Jugendtagen, beginnt schon schlecht mit einer Autopanne. Das alte Ferienhaus am Strand ist dann bereits belegt von Nadja (Paula Beer), einer Bekannten von Felix Mutter. Kurioserweise sehen die jungen Männer ihre Mitbewohnerin die ersten Tage nicht. Sie hören nur nachts lustvolle Geräusche beim Sex. Als Leon Nadja, die am Strand Eis verkauft, dann eines Morgens begegnet, ist er sofort verliebt.

„Roter Himmel“ ist ein leichter Sommerfilm nach französischen Vorbildern von Eric Rohmer. Mit einem schweren Bleigewicht als Hauptfigur mittendrin: Der mürrische Leon lehnt jeden Spaß und alles Schöne ab, er müsse arbeiten und eigentlich sollte das Felix auch. So geht Leon nicht baden, sitzt bei den gemeinsamen Abenden meckernd rum, ist uninteressiert am Leben der Anderen. Die Leichtigkeit, mit der diese miteinander umgehen, provoziert ihn nur. Der gut gebaute Rettungsschwimmer Devid (Enno Trebs), nächtlicher Gespiele von Nadja, macht ihn eifersüchtig. Alle Sympathien, die ihm erstaunlicherweise doch noch entgegengebracht werden, stößt der übelgelaunte Leon zurück. Selbst die von Nadja. Christian Petzold („Barbara“, „Phoenix“, „Transit“, „Undine“), einer der klügsten deutschen Regisseure sagt zu Leon, „er schließt sich aus der Welt aus, weil er glaubt, die Distanz gehört zum Schriftstellersein. Er hat noch nicht begriffen, dass das keine Erzählposition ist.“ Bevor Leon aus seinem Panzer herauskommt, übernimmt das Leben die Regie. Ein großer Waldbrand hat dramatische Folgen und der zweite Roman wird ganz anders als geplant.

„Roter Himmel“ gewann bei der Berlinale im Februar den Großen Preis der Jury. Es ist ein gleichzeitig verspielter und schwer durchdachter Film. Die sommerliche Atmosphäre lässt sich selbst vom roten Himmel des nahen Waldbrandes nicht stören. Erst Schicksalsschläge können die Selbstbezogenheit des verkrampften Schriftstellers aufbrechen. Leons Gegenfigur ist sein Verleger Helmut (Matthias Brandt), der zur Textbesprechung vorbeikommt. Voll Interesse nimmt er lebendigen Kontakt zu den jungen Leuten auf, genießt das Abendessen unter freiem Himmel intensiv, obwohl die Zeit begrenzt ist. Dem weisen Mann gehört dann auch die Erzählstimme, wenn am Ende Leons neuer Text im Off gelesen wird. Ein nettes Perspektiven-Spiel, das noch einmal zeigt, weswegen der Blick auf den eigenen Bauchnabel nur schwer interessant sein kann.

Paula Beer, die Darstellerin der Nadja, arbeitete bereits bei „Transit“ (2018) und „Undine“ (2020) mit Christian Petzold zusammen. Für „Undine“ wurde sie mit dem Silbernen Bären der Berlinale und dem Europäischen Filmpreis als Beste Schauspielerin ausgezeichnet. Als Nachfolgerin von Nina Hoss in Petzolds weiblichen Hauptrollen, ist es diesmal Leons Fantasie, die ihrer Figur das Geheimnisvolle und Distanzierte gibt. Hätte er mal gefragt, hätte er erfahren, dass die Eisverkäuferin gerade ihre Doktorarbeit in Literatur schreibt. Es ist vor allem das Spiel von Beer und Brandt, das zusammen mit der Leichtigkeit einfangenden Kamera von Hans Fromm „Rote Sonne“ zu einem reizvollen und nachhaltigen Sehvergnügen macht.

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Ein FILMtabs.de Artikel