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Zeiten des Umbruchs

USA, Brasilien 2022 (Armageddon Time) Regie: James Gray, mit Anne Hathaway, Anthony Hopkins, Jeremy Strong, 115 Min., FSK: ab 12

James Gray, angesehener Regisseur spannender Thriller in osteuropäischen Einwanderer-Milieus („Little Odessa“, „The Immigrant“), erzählt in „Zeiten des Umbruchs“ von seiner eigenen Jugend in New York. In dem semi-autobiografischen Gesellschaftsbild der USA der 80er erlebt er als wenig aufgeweckter Junge Rassismus und Ungerechtigkeit. Bemerkenswert ist, dass die sich nicht gegen die eigene jüdische Familie richtet, sondern vor allem gegen den chancenlosen schwarzen Schulfreund.

Im Spätsommer 1980 fängt für Paul Graff (Banks Repeta) ein neues Schuljahr an und die Strafecke der Klasse bringt ihn mit dem sitzengebliebenen Schwarzen Jonathan (Jaylin Webb) zusammen. Gleich am nächsten Tag nutzen die Freunde, um bei einem Ausflug zum Guggenheim-Museum auszubüxen und auf eigene Faust die Stadt zu entdecken. Es wird nicht der letzte Streich der beiden sein, doch seltsamerweise bangt man nicht allzu sehr um den wohlbehüteten Paul, der Zeichner werden will. Die reizvoll nachgeahmte Zeit mit der aufkommenden Rap-Musik lässt sich ohne großes Nagelkauen genießen.

Auffällig werden diese „Zeiten des Umbruchs“ nicht vom Schmerz des 11-Jährigen darüber bestimmt, dass er von den Eltern als zu langsam oder gar dumm bezeichnet wird. Auch nicht vom Tod des geliebten Großvaters (Anthony Hopkins), sondern von den Ungerechtigkeiten gegenüber Jonathan und der Unfähigkeit Pauls, ihm zu helfen. Denn das hat ihm der jüdische Opa, ein Einwanderer aus der Ukraine, mitgegeben: Es solle ein „Mensch“ sein – auch im englischen Original jiddisch ausgesprochen. Er solle sich also für Gerechtigkeit einsetzen. Hopkins „stiehlt“ in wenigen großartigen Momenten diesen Film, Anne Hathaway hat einige ansprechende Szenen.

„Zeiten des Umbruchs“ sind auch Zeiten des politischen Wandels, denn der Originaltitel „Armageddon Time“ entlehnt sich eines frühen Ausspruchs Ronald Reagans, dass die Zeit Armageddons bevorstehe, und spannt sich über zwei Monate, vom ersten Schultag Pauls bis zur Wahl Ronald Reagans am 4. November. Die Privatschule, auf der Paul nach zu viel Ärger landet, ist die elitäre Kew-Forest School, auf der ein Mäzen namens Fred Trump das Sagen hat und seine Tochter, die spätere Staatsanwältin Maryanne Trump (Jessica Chastain) neoliberale Reden hält. Die Verbindung von Reagan zu Trump ist unübersehbar.


Ein FILMtabs.de Artikel