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The Northman

USA 2022, Regie: Robert Eggers, mit Alexander Skarsgård, Claes Bang, Nicole Kidman, 137 Min., FSK: ab 16

Wilde Horden überfallen und brandschatzen Dörfer und Städte. Sie morden und vergewaltigen. Nein, das sind nicht die täglichen Nachrichten aus der Ukraine, das ist die Abteilung Unterhaltung: Der neue Film von Robert Eggers, „The Northman“.

Als sein Vater, König Aurvandil (Ethan Hawke), brutal ermordet und die Mutter Königin Gudrún (Nicole Kidman) vom Onkel Fjölnir (Claes Bang) verschleppt wird, bleibt dem kleinen Prinzen Amleth nur die Flucht. Jahre später ist Amleth (Alexander Skarsgård) als brutaler Schlächter unter den barbarischen Kriegern, die mit ihren Flachboten Europa unsicher machen. Als er vom Schicksal seines Onkels erfährt, der bald nach dem Putsch selber abgesetzt wurde und nach Island floh, schleicht sich der Königssohn ohne Land dort als vermeintlicher Sklave ein. Langsam startet er mit Hilfe göttlicher Kräfte seine Rache, die selbst blutrünstige Wikinger erschreckt.

Die Sache mit dem verlorenen Königreich, das sich der Prinz nach Mord am Mörder des Vaters zurückerobert, ist nicht sehr originell. Robert Eggers, der gefeierte Regisseur von „The Witch“ und „Der Leuchtturm“, geht allerdings auf sehr alte Quellen zurück: Die im 12. Jahrhundert schriftlich festgehaltene Sage „Gesta Danorum“ („Die Taten der Dänen“), an den sich auch Shakespeare für seinen „Hamlet“ bediente.

Verstörend ist wohl die häufigste Beschreibung der Filme von Dave Eggers. Die blutige Mittelalter-Schlachterei ist für ihn ein überraschendes Genre, das sich mit „Game of Thrones“ längst weiterentwickelt hatte. Zusammen mit dem Autor von „Lamb“, der Björk-Empfehlung Sjón, entstand mit und trotz vieler Studiomillionen ein Zwitter aus konventionellen Schlachtereien und Kostümspektakel sowie irritierenden wilden Drogenvisionen und Kämpfe mit Toten. Einige Strecken von – besonders zurzeit – schwer erträglichen Kriegsgräueln werden unterbrochen von einer Feier nordischen Sagengutes. Eine Begeisterung, die auch Neil Gaiman mit seinen Büchern „American Gods“ und „Nordische Mythen und Sagen“ anfeuerte. Allerdings ist vor allem Nicole Kidman als Dänen-Königin völlig irritierend: Gab es damals schon Schönheits-OPs?

Golden-Globe-Preisträger Alexander Skarsgård („Godzilla vs. Kong“) kann auch den bedenklich gnadenlosen Nordmann gut geben. Ansonsten sind eher die kleinen Auftritte auffällig: Willem Dafoe („The French Dispatch“), schon in Eggers „Der Leuchtturm“ dabei, spielt kurz und prägnant einen Schamanen. Die Musikerin Björk darf sich als prophetische Hexe toll verkleiden.

Alles zusammen ergibt den teuersten und uninteressantesten Dave Eggers, der selbst vom finalen Schnitt des Studios entsetzt war. „The Northman“ ist letztendlich eine mit enormem Talent und viel Geld angefertigte bedenkenlose Hymne des Archaischen und archaischer Gewalt.


Ein FILMtabs.de Artikel