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D 2018, Regie: Hans Weingartner mit Mala Emde, Anton Spieker, 145 min

Sommer in Berlin: Irgendwo in der Millionenstadt packt Jule ihre Sachen, nachdem sie gerade ihre Bio-Prüfung verhauen hat, und auch Jan will weg, um sich auf die Suche nach seinem leiblichen Vater, einem spanischen Bootsbauer, zu machen. Das Schicksal will es, dass sich die Studenten an einer Raststätte über den Weg laufen. Jule ist mit einem alten Mercedes-Camper – der die Inspiration für den Titel gab – auf dem Weg nach Portugal, Jan reist per Anhalter und steigt bei ihr ein. Aber so einfach finden sich die beiden verlorenen Seelen nicht, denn Jule ist ungewollt schwanger und unterwegs zu ihrem Freund Alex. Doch der Weg ist lang und da bleibt viel Zeit für lange Unterhaltungen und tiefe Blicke. Das Touch-and-Go der beiden Charaktere sorgt fürs Knistern auf der Leinwand, zum Mitreisen animieren aber vor allem die Dialoge. Über viele hunderte Kilometer hinweg diskutieren die beiden über Konsum und Kapitalismus, Liebe, Sex und menschliche Verhaltensweisen und kommen sich dabei näher. Allerdings landen sie nicht gleich bei der ersten Gelegenheit im Stroh. Es ziehen ebenso viele Kilometer an ihnen vorbei, bevor jeder für sich eine Entscheidung treffen muss. Hans Weingartner (»Die fetten Jahre sind vorbei«) verpackt seine Gesellschaftskritik in eine leichte Sommer-Romanze, ein Roadmovie für Fernwehmütige, getaucht in satte Sonnenbilder. Dafür schickte er seine beiden Hauptdarsteller mit einem kleinen Team einen Sommer lang auf Reisen und ließ die Kamera laufen. Dadurch wirken die Dialoge echt und ungekünstelt. Das liegt auch an Mala Emde – die beim Dreh erst 19 war – und Anton Spieker, die perfekt harmonieren. Weingartner versuchte gut zehn Jahre lang seinen Film zu finanzieren, der den meisten Förderinstitutionen zu dialoglastig war. Am Ende hat er ihn zum Teil mit eigenem Geld realisiert und die Reise konnte beginnen. Das sie zu einem Ziel gefunden hat, ist ein Glücksfall fürs Kino.


Ein FILMtabs.de Artikel