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Mustang (2015)
Türkei, Frankreich, Katar, BRD 2015 Regie: Deniz Gamze Ergüven mit Günes Sensoy, Doga Zeynep Doguslu, Elit Iscan, Tugba Sunguroglu, Ilayda Akdogan 94 Min. FSK ab 12
Für fünf sehr fröhliche, ausgelassene Waisen, selbstbewusste, starke Mädchen an der türkischen Schwarzmeerküste, endet mit den Sommerferien die Freiheit. Die Schwestern baden mit Klassenkameraden am Strand – in voller Schuluniform. Trotzdem sorgt dies im Dorf für Aufruhr und die Mädchen werden von Oma und Onkel fortan eingesperrt. Computer, Handys sogar Telefone verschwinden. In der ersten Aufregung bekommt der grobe Onkel noch die Schläge, die er austeilen will, von seiner Mutter selbst ins Gesicht. Erniedrigung und Hausarrest beginnen mit einer Kontrolle der Jungfernschaft im Krankenhaus. Später kommen zur Erhaltung der Heiratsfähigkeit Gitter vor die Fenster, die Mauern werden erhöht. Im Rahmen der Reduzierung aufs Hausfrauen-Sein gibt es nur noch Haushaltslehre zu Hause, die Sommerkleidung ersetzen fortan sackartige Kleider.
Viel Handkamera und vor allem die schwebende Musik weckt Erinnerungen an Sofia Coppolas „The Virgin Suicides“, denn lange erhalten sich die Mädchen ihren freien Geist. Trotzdem zeigt „Mustang“ das Genre des Sommer-Films unter umgekehrten Vorzeichen: Wo es sonst um Entdeckung und Entgrenzung geht, werden die Mädchen nacheinander unter im heutigen Europa eigentlich undenkbarem Zwang verheiratet.
Eine schöne Episode, in der die Mädchen ausbrechen, um als Fußball-Hooligans mit ihren Freundinnen zu einem Spiel zu reisen, wie die Tante dann einen ganzen Transformator abschießt, damit die Männer die Mädchen nicht während der Live-Übertragung im Stadion sehen, ist noch ein letzter Spaß. Nachdem die erste gegen ihren Willen verheiratet wird, muss beim Gynäkologen erneut die Jungfernhaut untersucht werden, weil sie in der Hochzeitsnacht nicht blutet.
Wie schon im iranischen Film „Der Tag, an dem ich zur Frau wurde“ von Marzieh Meshkini machen gerade die Freiheiten der Inszenierung das unfreie Leben der Mädchen spürbar. Toll mit regionaler Leidenschaft gespielt, findet dieser ungewöhnliche Gefängnisfilm zwar neue Wege der Inszenierung. Zur Flucht bleiben aber nur allesamt tragischen Möglichkeiten. Die Regisseurin Deniz Gamze Ergüven erhielt den Europäischen Filmpreis 2015 für die „Europäische Entdeckung des Jahres“.
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- Publiziert von:
- Günter H. Jekubzik, 23.02.2016 / 1:15
- Rubrik:
- Kritiken GHJ
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