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The Artist

F 2011 Regie: Michel Hazanavicius mit Jean Dujardin, Bérénice Bejo 100 Min.
Das kontemporäre Kino ist vor allem Spektakel: Computereffekte steigern die Realität, die 3D-Technik sorgt für den passenden Budenzauber und der Rest ist Lärm und Remmidemmi. In diesen unseren Zeiten mit einem Stummfilm daher zu kommen grenzt fast an kommerziellen Suizid. Es gehört schon großer Mut, uneingeschränkte Liebe zum Medium und eine gehörige Portion Irrsinn dazu, ein Werk zu schaffen, das auf all diese Attribute verzichtet
Michel Hazanavicius ist so ein Wahnsinniger. Wieder einmal ist es ein Franzose, der das Kino rettet. Als er vor einigen Jahren mit der Idee ankam, einen Film zu drehen, der komplett auf die gängigen Elemente des Unterhaltungskinos verzichtet, kassierte er Lacher und ungläubiges Kopfschütteln. Mit den beiden „OSS 117“-Filmen bewies er dann, dass eine tiefe Verneigung vor der Geschichte des Mediums auch kommerziell funktionieren kann. Die charmanten Bond-Parodien legten zudem den Grundstein für die künstlerische Zusammenarbeit mit Jean Dujardin. Der begann als Stand-Up Comdian, bevor er sich als wandlungsfähiger Schauspieler mit der Hauptrolle in der Bestselleradaption „39,90“ etablierte.
Seine visuelle Komik ist wie geschaffen für Hazanavicius’ Vorhaben. „The Artist“ verzichtet komplett auf gesprochene Dialoge und erzählt seine große Liebesgeschichte ausschließlich mit Gestik und Mimik. Zur Seite steht Dujardin seine Partnerin „OSS 117“, Bérénice Bejo. Gemeinsam bilden sie das schönste Leinwandpaar, das die Lichtspielhäuser seit langer Zeit zum Leben erweckt haben.
Der schillernde Protagonist des Films ist George Valentin (Dujardin). Er ist der gefeierte Star der Stummfilmära. Eine Spur zu selbstherrlich und eitel in den Augen seines Produzenten (John Goodman), aber voll unwiderstehlichem Charme. Auch die aufstrebende Schauspielerin Peppy Miller (Bejo) kann sich dem nicht entziehen. Für einen Moment vergisst Valentin seine unglückliche Ehe und fühlt sich geschmeichelt von Peppys Bewunderung.
Alles verläuft nach Drehbuch, doch dann bricht der Tonfilm herein und damit das Ende von Valentins Karriere. Nicht Willens, sich dem Fortschritt zu unterwerfen versinkt er in Vergessenheit, während Peppy zum Star des neuen Hollywood aufsteigt.
Mit allen Mitteln des Kinos erzählt „The Artist“ eine bewegende Geschichte, des Verblassens einer Epoche und vom Niedergang der strahlenden Helden der Zwanziger, angelehnt an Ikonen wie John Barrymoore, Greta Garbo oder dem namensgebenden Rudolph Valentino. Eine außergewöhnliche Hommage an die Kindheitstage des Films, als das Kino von Murnau und Lang noch ganz Gefühl war. Komik, Leidenschaft und Tragik liegen ganz dicht beieinander und machen aus „The Artist“ richtig großes Kino. Trotz oder gerade wegen des Verzichts auf die Form des zeitgenössischen Films.
Untermalt wird dieses zelluloidgewordene Kunstwerk von Ludovic Bources mitreißendem Score. Der Wegbegleiter des Filmemachers erhielt hierfür jüngst den Golden Globe. Auch Dujardin war unter den insgesamt neun Nominierungen für den Film und sein Lächeln erschien noch strahlender, als er den Preis in den Händen hielt. Drücken wir dem Film die Oscardaumen und ein ähnliches überwältigendes Publikumsinteresse hierzulande wie in Frankreich, wo die Ode an unsere liebste Kunst zum Hit avancierte.


Ein FILMtabs.de Artikel