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Gloria (2019)

USA, Chile 2018 (Gloria Bell) Regie: Sebastián Lelio, mit Julianne Moore, John Turturro 102 Min. FSK ab 0

Seit ihrer Scheidung fühlt sich die Mittfünfzigerin Gloria Bell (Julianne Moore) nutzlos und einsam. Ihre Kinder sind erwachsen. Tochter Anne (Caren Pistorius) reist um die Welt und ihr Sohn Peter (Michael Cera) geht voll in der neuen Vaterrolle auf. Gloria bleibt zurück. Sie sucht Zerstreuung und Anschluss auf Tanzpartys für Singles und trifft im Disco-Schimmer auf den geschiedenen Arnold (John Turturro). Zunächst scheint sie ein neues Glück gefunden zu haben. Arnold wirkt, wie ein liebenswerter Mann, beide stellen keine Erwartungen an die Beziehung. Doch Arnold kann sich nicht lösen, ebensowenig von seinen beiden Töchtern wie von seiner Ex-Frau. Immer wieder gibt es Anrufe. Gloria erfährt, dass Arnold nicht zu ihr steht und sie vor seiner Familie verheimlicht. Sie beginnt zu zweifeln, ob sie Arnolds Verhalten tolerieren muss oder eigenständig genug ist, auch alleine leben zu können.

Remakes haben in Hollywood eine lange Tradition. Angefangen bei den »Glorreichen Sieben«, John Sturges‘ Neuinterpretation von Akira Kurosawas Meisterwerk „Die Sieben Samurai“, bis hin zu »Mein Bester und ich«, der den französischen Hit »Ziemlich beste Freunde« in diesem Jahr erneut auf die Leinwand brachte – was einmal an der Kinokasse funktionierte, sollte auch anderswo den Nerv der Zuschauer treffen. Oftmals sind diese Neuverfilmungen aber nur ein weichgespülter Abklatsch des Originals und erreichen nur selten dessen Qualitäten. Die Chancen auf ein adäquates Remake sind zumindest größer, wenn sich ein Regisseur selbst der US-Adaption seines Werks widmet. Wenn er dann noch über eine so wundervolle Hauptdarstellerin wie Julianne Moore verfügt, kann eigentlich nichts schief gehen.

Mit seiner romantischen Komödie »Gloria« gelang dem chilenischen Regisseur Sebastián Lelio 2013 der internationale Durchbruch. Der entwaffnend komische, enorm charmante Film gewann die Herzen der Zuschauer und den Silbernen Bären bei der Berlinale. Hauptdarstellerin Paulina Garcia beherrschte die Leinwand und es ist schwer, sich eine andere Schauspielerin in Glorias Haut vorzustellen. Doch Julianne Moore (»Still Alice«) gelingt ihre ganz eigene Interpretation der resoluten Frau im besten Alter. Völlig uneitel und wunderbar weiblich spielt sie eine gereifte Frau, die ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter beraubt, zu sich selbst finden muss. Zurückhaltend, mit wenigen Gesten und präzisen Regungen erzählt sie viel über Glorias Charakter, ohne allzuviele Worte. Die Oscarpreisträgerin beherrscht den Film, verleiht ihm Seele und nimmt den Zuschauer mit in den scheinbar unspektakulären Alltag einer einfachen Frau, zwischen drögem Bürojob und schillerndem Tanzboden, der für Gloria das Leben bedeutet. Die Musik ist dabei zentrales Element des Originals, ebenso wie der Neuverfilmung. Die Discoklassiker, die Gloria im Auto schmettert, bleiben noch lange im Ohr. Im Gedächtnis bleibt aber vor allem Julianne Moores einnehmende Darstellung.


Ein FILMtabs.de Artikel