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Adam und Evelyn

BRD 2018 Regie: Andreas Goldstein, Jakobine Motz, mit Florian Teichtmeister, Anne Kanis, Lena Lauzemis, Milan Zerzawy, Christin Alexandrow 95 Min. FSK ab 0

Eine Liebesgeschichte im Wendesommer nach der Romanvorlage von Ingo Schulze entwickelt sich still im Auge des weltpolitischen Sturms. Feinfühlig mit tollen Bildern und großartigem Schauspiel inszeniert, ist „Adam und Evelyn“ mehr als sehenswert.

Ein ganz normaler Sommer mit ganz normalen Beziehungsproblemen: Kurz vor dem gemeinsamen Urlaub im Süden erwischt die Kellnerin Evelyn (Anne Kanis) ihren schneidernden Mann Adam (Florian Teichtmeister) mit einer Kundin. Also braust Evelyn mit einer Freundin und deren Geliebtem davon. Adam tuckelt hinterher, nimmt eine Tramperin mit, die er über die Grenze schmuggelt. Denn auch wenn „Adam und Evelyn“ scheinbar „nur“ sehr schön und fein eine Männer-und-Frauen-Geschichte und sonst nichts erzählt, ist es „der“ Sommer 1989 in der DDR und in Ungarn. Die ersten deutschen Flüchtlinge haben die Botschaften gestürmt, alles beobachtet gespannt die weiteren Entwicklungen.

Derweil überschlagen sich im Urlaub von Adam und Evelyn ganz ruhig die Gefühle. Der Liebhaber aus dem Westen findet Evelyn plötzlich interessanter als ihre Freundin. Als sein Pass geklaut wird, sitzen Ossis und Westler gemeinsam vor der deutschen Botschaft in Budapest. Das ehemalige Paar wollte eigentlich nur Urlaub machen und nicht fliehen. Doch jetzt eröffnen sich neue Möglichkeiten.

Mit stillen Tönen wird in „Adam und Evelyn“ mehr erzählt als gesagt. Nach der Romanvorlage von Ingo Schulze spielt sich im Wendesommer 1989 eine tragikomische und leichte Liebesgeschichte ab, die man eher im französischen Kino verorten würde. Wie kurios die Geschichte tatsächlich ist, zeigt erst das Gesicht des westdeutschen Beamten, der den Flüchtling Evelyn in Empfang nimmt: „Ihr Adam hat eine fremde Frau und eine Schildkröte über die Grenze geschmuggelt?“ Selbstverständlich gibt es bei Adam und Eve(lyn) auch einen Garten Eden und einen verführerischen Apfel, der nicht angebissen wird. Doch nur für ihn war das Gärtchen mit den netten Kundinnen im privaten Nebenerwerb das Paradies. Im Westen gibt es für Adam „von allem zu viel“. Die Leichtigkeit ist vorbei, es erstarrt auch die Freiheit des Sommers in offener Landschaft, das leichte Spiel mit viel Gefühl.

In solchen nachvollziehbaren Wende-Erfahrungen, in der sensiblen Inszenierung und im grandiosen Spiel ist „Adam und Evelyn“, der seine Weltpremiere im Wettbewerb der Internationalen Woche der Filmkritik in Venedig 2018 feierte, ein Muss für Cineasten.


Ein FILMtabs.de Artikel