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Das schönste Mädchen der Welt

BRD 2018 Regie: Aron Lehmann mit Aaron Hilmer, Luna Wedler, Damian Hardung, Anke Engelke, Heike Makatsch 103 Min. FSK ab 12

Nein, diese Nase ist nicht zu übersehen: Sowohl Cyril als auch seine Mutter (Anke Engelke) schmückt ein gewaltiger Zinken im Gesicht. Der Teenager wird dafür heftig gemobbt. Deshalb versteckt er sich hinter einer goldenen Maske, wenn er bei Rap-Battles anonym flott und wortreich treffend selbst austeilt. Der heimliche Ruhm hilft Cyril aber überhaupt nicht bei der anstehenden Klassenfahrt nach Berlin, die plötzliche Erkältung rettet ihn ebenso wenig. Doch im Umfeld von eher unterbeleuchteten Smartphone-Anhängseln taucht in letzter Minute die neue Schülerin Roxy (Luna Wedler) auf. Hier finden sich zwei flotte Denker und Sprücheklopfer direkt und sympathisch.

Cyrano heißt jetzt Cyril und Roxanne Roxy. Es bedarf nur noch einer Verwechslung und allen belesenen Schülern wird die Cyrano de Bergerac-Adaption klar: Roxy sieht den unglaublich dämlichen, aber gut aussehenden Rick (Damian Hardung) mit Cyrils Büchern und schwärmt fortan für den herrlich dummen Schönling mit der Klampfe neben dem Bett. Cyril, der meint mit seiner Nase keine Chance beim schönsten Mädchen der Welt zu haben, baut mit eigenen Versen, Liedern und SMS-Poesie den hirnlosen Rick als seinen Avatar und Roxys Liebesobjekt auf, um zu verhindern, dass der eklige Benno sich wegen einer Wette an Roxy ran macht. Er selbst hängt auf der Position Bester Freund fest, während er als Ghostwriter tolle Songs in Ricks Namen schreibt.

Also kein Soufflieren unter dem Balkon, wie man es wohl eher von Jean-Paul Rappeneaus wunderbarem Film „Cyrano de Bergerac“ (1990) mit Gerard Depardieu als vom Original, von Edmond Rostands romantisch-komödiantischem Versdrama des Jahres 1897 kennt. Es ist (kon-) genial, die Szenerie von Gedichten und Theater zu den Hiphop-Battles zu verlagern. So kommt die Verwechslungs-Komödie locker in die Gänge, während Cyril hinter seiner Maske er die Battles rockt. Aber auch Roxy hat unverschämte „rimes“ drauf, mit der sie auf der Bühne und im richtigen Leben die Machos stehen lässt. Das ist von den beiden Jung-Mimen Luna Wedler („Blue my mind“) und Aaron Hilmer („Einsamkeit und Sex und Mitleid) richtig gut gespielt. Klasse ist bei der Klassenfahrt auch Heike Makatsch als genervte und ruppig resolute Lehrerin.

Bei den Battles und auch den Streits in der Schule ist viel von „Opfer“ die Rede. Das Buch von Judy Horney und dem auch als Regisseur exzellenten Lars Kraume („Das schweigende Klassenzimmer“, „Terror – Ihr Urteil“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“) dämpft allerdings schon das Mobbing von Cyril auf Komödien-Verhältnisse runter. „Das schönste Mädchen der Welt“ erzählt kein hartes Drama, sondern eine nette Liebesgeschichte im glaubwürdigen Teenager-Milieu von heute. Kein „Fack ju Bergerac“, hier wird auch auf der Leinwand mal nachgedacht und dumm ist nicht Trumpf. Regisseur Aron Lehmann („Highway to Hellas“, „Die letzte Sau“) hält sich mit dem Berlin-Sightseeing zurück. Zum Finale hin wird der Text auffällig stärker als die Inszenierung, für ein sehr schön romantisch gerapptes Happy End reicht es aber noch.


Ein FILMtabs.de Artikel