« | Home | »

Menashe

USA 2016 Regie: Joshua Z Weinstein mit Menashe Lustig, Yoel Falkowitz, Ruben Niborsk, Meyer Schwartz 82 Min. FSK ab 6

Menashe Lustig (Menashe) lebt als alleinerziehender Vater in New York. Gleichzeitig lebt er als orthodoxer Jude in noch so einer Parallel-Gesellschaft: In Brooklyns jüdisch-orthodoxem Viertel Borough Park hört man kein Englisch, sondern Jiddisch mit englischen Einsprengseln und Lehnwörtern wie Mischpoke (für Familie), die noch im heutigen Deutsch existieren. Menashe arbeitet im koscheren Lebensmittelladen, die Kleidung ist traditionell, sein Sohn geht auf eine Tora-Schule, man besucht regelmäßig den Rabbi. Der mollige Papa befolgt die Regeln der Religion, aber sein Familienleben möchte er doch selbst bestimmen. Und obwohl Vater und Sohn super miteinander auskommen und richtig viel Spaß haben, darf Menashe Rieven nur zu abgesprochenen Zeiten sehen. Bis er ihm wieder ein „anständiges“ Heim mit Frau bieten kann. Sagt, der Rabbi, der hier das Familiengericht darstellt. Denn Menashes Frau starb vor einem Jahr. Die Schule schmeißt auch Kinder von Alleinerziehenden raus. Doch Menashe hat genügend schlechte Erfahrungen mit seiner ersten arrangierten Ehe gemacht, um auf die vielfältigen Angebote eines Heiratsvermittlers einzugehen.

Regisseur Joshua Z Weinstein war Dokumentarfilmer und dokumentarisch sind die Aufnahmen von Borough Park mit verhüllten Männern, Frauen unter ihren Pflicht-Perücken und Kindern in religiösen Uniformen. Das ist auch ethnographisch im Aufzeichnen überkommener Riten, die mit sehr stimmungsvollen Bildern ästhetisch gezeigt werden. Hier ist eine noch Gesellschaft, in der Frauen, die Auto fahren, „nicht normal“ sind. Ehe und Kinder sind zwar das Wichtigste, aber die Männer mit den Hüten und den Schläfenlocken klagen heimlich, dass ihre Frauen jedes Jahr ein weiteres Kind wollen. Und sie haben schon viele!

Menashe, wie viele andere Rollen großartig von einem Laien gespielt, trägt zwar nicht Hut und Mantel wie die anderen, ist aber auch kein Rebell. Was den Film umso glaubhafter macht. Der einfache Mann hat nur eigene, sehr vernünftige Ansichten übers Leben, die Ehe und die Inhalte der Tora-Stunden. Eigentlich ein klasse Typ, nur etwas aus der Spur mit seinen Schulden und dem miesen Job. Er steckt in der schwierigen Situation, in der meistens alleinerziehende Frauen gezeigt werden. Dass er eigensinnig und dickköpfig seinen Sohn wieder haben will, verhindert eine rein plakative Anklage dieser bedenklichen Parallelgesellschaft mit ihren unmenschlichen Regeln. Das ist weniger heftig als etwa „Kadosh“ von Amos Gitai, der die Leiden der Frauen von solchen jüdischen Extremisten zeigte. Dafür gewährt Joshua Z Weinstein einen bemerkenswert authentischen Einblick in diese abgeschlossene Gesellschaft.


Ein FILMtabs.de Artikel