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Rise Up!

D 2022 Regie: Marco Heinig, Steffen Maurer, Luise Burchard, Luca Vogel, 88 Min.

Krankheit, Krieg und Klimakrise – Die Herausforderungen unserer Zeit können überwältigend sein, insbesondere für die Generation junger Menschen. Einige von ihnen gehen für „Fridays for Future“ auf die Straße, andere blockieren Fahrbahnen in Berlin. Aber wird ihr Protest überhaupt erhört? Als das Kollektiv leftvision 2018 mit ihrem ersten langen Dokumentarfilm „Hamburger Gitter“, einer Aufarbeitung der G20-Proteste in der Hansestadt, durch Deutschland tourten, begegnete ihnen diese Frage: Was kann man tun, um den Problemen der Gegenwart zu begegnen, und – bringt es überhaupt etwas, zu protestieren?

Ihre Reaktion ist ein Film, der Hoffnung machen soll, zunächst aber vor allem Problemfelder aufmacht. Da ist Kali Akuno, der sich tagtäglich mit dem Rassismus in seiner Heimatstadt Jackson auseinandersetzt und die Community hinter einer Öko-Genossenschaft vereint. Seine „Cooperation Jackson“ ist zum Arbeit- und Impulsgeber für die Region gewachsen und Anlaufpunkt für die Schwarze Bewegung. Shahida Issel hat die Rassenkonflikte scheinbar lange hinter sich gelassen, kämpfte sie doch in den vorderen Reihen gegen die Apartheid in ihrer Heimat Südafrika und für die Befreiung Nelson Mandelas. Camila Cáceres organisierte 2018 feministische Studenten-Demos und Generalstreiks in Chile. Ihr Kampf wurde zum Lauffeuer, das das gesamte Land erfasste und zu politischen Veränderungen führte. Judith Braband kämpfte in der DDR gegen einen korrupten Staat und ging dafür ins Gefängnis. Marlene Sonntag schließlich setzt sich für kurdische Frauen in Rojava ein und half vor Ort ein Dorf aufzubauen.

Sie alle berichten davon, wie sie den Protest organisiert und in die Tat umgesetzt haben, um auf diese Art etwas zu bewegen. Sie erzählen aber auch von den Hürden und ziehen zum Teil ernüchternde Fazits über die Gegenwart. Ist der Rassismus wirklich raus aus den Köpfen der Menschen in Jackson und Südafrika? Sind Diktatur und Unterdrückung in der chilenischen Regierung überwunden? Was bliebt vom Traum eines anderen, besseren Sozialismus’ nach der Wiedervereinigung?

Den essayistischen Rahmen des Films bietet Marco Heinigs persönliche Auseinandersetzung mit der Macht der Konzerne, wiedergegeben von der Stimme einer jungen Frau. Hier machen es sich die Filmemacher vielleicht etwas zu einfach, indem sie die Verantwortung für das Elend der Welt den Oberen Zehntausend in die Schuhe schieben. „Rise Up“ macht keinen Hehl daraus, klar links motiviert zu sein. Es geht um den Kampf gegen die herrschende Klasse, die Umverteilung von Reichtum und die Argumente dafür sind erschlagend, oder gehören Sie zu den zehn Prozent der Deutschen, die über 63 Prozent des Volksvermögens verfügen?

Viel Raum zur Reflexion lässt „Rise Up“ mit seinen knapp 90 Minuten ebensowenig wie für ausführliche Erzählungen. Eine tiefere Auseinandersetzung mit den porträtierten Protagonistinnen und Protagonisten soll eine begleitende Website bieten. Der Film ist nur ein Sprungbrett für den Aktionismus, eine Aufforderung zum Handeln. Damit trifft er einen Nerv und vielleicht auf offene Ohren bei den Zuschauern.


Ein FILMtabs.de Artikel