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Der Klavierspieler vom Gare du Nord

Frankreich 2018 (Au bout des doigts) Regie: Ludovic Bernard, mit Lambert Wilson, Kristin Scott Thomas, Jules Benchetrit, Karidja Touré 106 Min. FSK ab 0

Ein junger Mann spielt am Bahnhofs-Klavier inmitten eilender Menschen derart intensiv, dass ausgerechnet der Leiter des Pariser Konservatoriums gefesselt stehen bleibt. Bis die Polizei auftaucht und den Pianisten jagt. Schon der erste Moment in „Der Klavierspieler vom Gare du Nord“ funktioniert nicht, weil das Spielen zu affektiv inszeniert wird und der sehr vorhersehbare Film nicht auf das angeblich so starke Macht der Musik vertraut.

Der Rest ist Routine, die erschreckend unsorgfältig ausgefüllt wird: Der junge Gelegenheits-Pianist Mathieu Malinski (Jules Benchetrit) aus einem sozial benachteiligten Viertel von Paris landet irgendwann im Knast. Der bestens situierte Konservatoriums-Leiter Pierre Geithner (Lambert Wilson) holt ihn raus und will das große Talent zum Sieger eines Wettbewerbs machen. Auch die große Motivationshilfe in Form eines Liebesobjekts für Mathieu war bei diesem Dramen-Standard zu erwarten.

Talentiert und begabt, aber auch faul und arrogant – dieses Profil von Mathieu sorgt selbstverständlich für Probleme. Die Geschichte von ungeschliffenen Diamanten funktioniert nicht richtig, weil der nette junge Mann trotz mäßiger Gefühlsausbrüche und ein paar Flüchen nicht wirklich wild und ungezähmt erscheint. Jules Benchetrit spielt den Autodidakten, der keine Noten lesen kann, mit sympathischer Ausstrahlung. Selbst der exzellente Schauspieler Lambert Wilson wirkt aber verloren, wenn das Drama seiner Figur kurz vor Filmende noch irgendwie angeklebt wird. Weder die Familie noch die Kumpels von Mathieu bekommen Leben oder Hintergrund zugestanden. Dass die Wettbewerbs-Komposition, Rachmaninows berüchtigtes 2. Klavierkonzert, die Entwicklung des Spielenden spiegeln soll, geschenkt. Das ist Minimal-Anforderung für solch einen Film. Alles Weitere, was den Film vor der elegant fotografierten Langeweile retten könnte, wurde völlig vernachlässigt.


Ein FILMtabs.de Artikel