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Berlinale 2009 Resümee
Berlin. Sensationelle Zahlen, Stars ohne Ende, ein nur zufriedenstellendes Wettbewerbsprogramm. So verlief die 59. Berlinale bis zum Schlussakkord heute Abend. Dann werden im Berlinale Palast die Goldenen und Silbernen Bären verliehen und die Entscheidungen der Internationalen Jury rund um die Schauspielerin Tilda Swinton die Akzente beim ersten großen europäischen Festival des Jahres 2009 setzen.
Das Weltkino, so wie die Berlinale es widerspiegelt, kann in ihren europäischen, US-amerikanischen und asiatischen Zentren nur noch mit Kapriolen und besonders ausgefeilten Werken besondere Akzente setzen. Etwa wenn Sally Potter ihren „Rage“ konsequent von wechselnden Sprechern in immer gleicher Nachrichtensprecher-Perspektive erzählen lässt. Schmids „Sturm“ begeistert mit exzellentem, engagiertem Politkino. Stephen Frears führt in dem Historienspiel „CherÓ geschliffene Dialoge vor, Chen Kaige in seiner chinesischen Großproduktion „Forever Enthralled“ edlen Asien-Film.
Eher vom Rande der großen Filmzentren kamen andere Bilder. Bei der ungarisch-rumänischen Produktion „Katalin Varga“ von Peter Strickland etwa, die durch raue Landschaften, raue Charaktere und raue Schnitte auffiel. Der erste peruanische Starter im Berlinale-Wettbewerb überhaupt, „La Teta Asustada“, begeisterte mit unverbrauchten Bildern, einer sozial harten Geschichte mit magisch-realistischen Einsprengseln. Wir erleben, wie die verstörte Fausta verzweifelt Geld für das Begräbnis ihrer Mutter auftreiben muss, weil die Leiche vor der Hochzeit der Cousine aus dem Haus sein muss. Regisseurin Claudia Llosa („Madeinusa“), entfernt verwandt mit Vargas Llosa, arbeitet poetisch die bedrückende Vergangenheit ihres Landes auf: Im Zeitraum von 1980 bis 2000 wurden fast 70.000 Menschen ermordet, unzählige vergewaltigt und entführt. Hauptdarstellerin Magaly Solier wäre eine Kandidatin für den Darstellerpreis, falls sich die Jury um Tilda Swinton von den Normgesichtern lösen kann.
Mittlerweile wird gar nicht mehr bemerkt, dass Film aus Deutschland sich sehen lassen kann. Dass in allen Sektionen gute deutsche Filme mit dabei sind, ist auch ein Verdienst von Berlinale-Direktor Dieter Kosslick. Dass mit sechs geförderten Filmen im Wettbewerb, drei im Panorama und zwei in den Berlinale Specials rekordmäßig viele Beiträge mit NRW-Beteiligung dabei waren, hat Michael Schmid-Ospach, sein Nachfolger als Geschäftsführer bei der Filmstiftung NRW, mit seinem Team möglich gemacht. Dazu gehört auch „Hilde“, die Biographie der 2002 verstorbenen Schauspielerin, Chanson-Sängerin und Buchautorin Hildegard Knef. Heike ist dabei „Hilde“. Die Makatsch verkörpert den umstrittenen deutschen Star in Gestik, Mimik und sogar ansatzweise mit rauchiger Stimme. Grimme-Preisträger Kai Wessel („Die Flucht“) erzählt das beeindruckende Leben der beeindruckenden Frau mit starken Momenten als Nazi-Liebling und im Überlebenskampf zu Kriegsende. Die weitere Karriere von „Die Mörder sind unter uns“ über die vermeintliche Skandal-Produktion „Die Sünderin“ bis zu ihrer Karriere als Sängerin hat zwar Längen, auch die Musik nervt außer bei den Liedern der Knef fast durchgängig, doch Heike Makatsch gewinnt immer wieder die Aufmerksamkeit zurück.
Als letzter deutscher Starter darf noch mal der Wuppertaler Tom Tykwer ran: Er ist einer von 13 Regisseuren, die in „Deutschland 09“ ihre Kurzfilme zur Lage der Nation drehten. Über 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 40 Jahre nach dem studentischen Aufbruch 1968, 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ 1977, 20 Jahre nach dem Fall der deutsch-deutschen Grenze 1989. Jeder der Regisseure liefert seine eigene filmische Sicht auf das heutige Deutschland, abstrakt oder konkret, als Kurzspielfilm, Dokumentarfilm, essayistisch oder experimentell. Regisseur und Mit-Initiator Tom Tykwer über das Projekt: „Der Film vereint ein gutes Dutzend individuelle filmische Blicke auf das, was wir heute und jetzt als Heimat erleben – und wie wir uns in diesem Land verorten, verirren, verstricken.“ Und so ist „Deutschland 09“ der Mikrokosmos von „Welt 09“ oder Berlinale 2009. Wie wir uns in dieser Welt verorten, verirren, verstricken. Im Großen und im Kleinen.
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- Publiziert von:
- Günter H. Jekubzik, 15.02.2009 / 1:05
- Rubrik:
- Berlinale 2009, Festivals, Kritiken GHJ
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