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Berlinale – Grausam gut gemeint


Sie schafften sogar die Tagesthemen: Die Brüder Taviani meldeten sich zurück aus der Filmgeschichte und zeigten noch einen Geschichtsfilm, ihre Spezialität. Dass “La masseria delle allodole” (The Lark Farm / Das Haus der Lerchen) allerdings als Berlinale Special lief, musste stutzig machen. So ein typisches Berlinale-Thema, von ehrenwerten Legenden ins Bild gesetzt, das sollte doch Wettbewerbs-Material sein… Ist es nicht. Nicht mal für einen schwachen Wettbewerb. Paolo und Vittorio Taviani lassen die Grausamkeiten des türkischen Völkermordes von 1915 auf der Leinwand aufleben. Eine armenische Familie ignoriert die Warnzeichen, die rassistischen Äußerungen nationalistischer Türken und großtürkischer Militärs. Ein armenisch-türkisches Paar will das Land verlassen. Der Rest ist bekannte Geschichte: Millionen Armenier wurden massakriert, geköpft, gekreuzigt, vergewaltigt, in Schluchten gestürzt, auf tödliche Hungermärsche gezwungen. Eine der ältesten Kulturnationen mit uralter Schriftkultur wurde in alle Welt verstreut. Nachkommen erkennt man oft an der Namensendung “-ian”. Und die türkische Regierung tut beleidigt, wenn man diese Wahrheit ausspricht.

Damit hat er schon seinen Zweck erfüllt, der Film der Tavianis. (Frage an Sprach- und Namesforscher: Steckt in “Taviani” auch ein armenisches “ian” oder ist das rein italienisch?) Da braucht man sich die grob gezeichneten Figuren, Szenen und Handlungen nicht mehr anzutun. Denn “Das Haus der Lerchen” ist ein gut gemeinter, aber grausam schlecht gemachter Botschaftsfilm. Was nichts dran ändert, dass die Grausamkeiten durchaus erschütternd, ihrerseits wieder schwer erträglich sind. Doch so was ist einfach, das hat mit Filmkunst nichts zu tun. Leider.

“Das Haus der Lerchen” hat nur das Niveau flacher Abziehbilder, wie es der Kanadier Atom Egoyan in seinem Film im Film “Ararat” (genannt nach dem heiligen Berg der Armenier, auf dem angeblich die Arche Noah strandete) vormachte. Nur dieser filmisch innovative Armenier baute eine komplexe Geschichte um diese platte Historie. Im Gegensatz zu den alten Italienern Taviani.

Das Haus der Lerchen
(Italien, Spanien, Frankreich, Bulgarien, 2007, 122 Min. mit Paz Vega, Moritz Bleibtreu, Alessandro Preziosi, Angela Molina, Tcheky Karyo, Arsinée Khanjian, André Dussollier)


Ein FILMtabs.de Artikel