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Ben is back

USA 2018 Regie: Peter Hedges, mit Julia Roberts , Lucas Hedges 103 Min. FSK ab 12

Ein Produzent erzählte einmal, dass sein neuestes Projekt von den Film-Förderern abgelehnt wurde, weil es für das betreffende Jahr zu viele Hochzeits-Komödien gäbe. Hätte da mal jemand auf die Häufung von Filmen über drogenabhängige Kinder geschaut. Denn im Vergleich mit „Beautiful Boy“, der in zwei Wochen startet, fällt „Ben is back“ mit einer bemühten Julia Roberts als verzweifelte Mutter sehr ab.

Es ist wieder „Last Christmas“. Aber dieses Mal wird alles anders, erzählt die angespannte vierfache Mutter Holly (Julia Roberts), während sie alle Arzneimittel und den Schmuck aus dem Haushalt versteckt. Denn ihr Ältester, der 19-jährige Ben (Lucas Hedges), steht mitten in den Weihnachtsvorbereitungen überraschend vor der Tür. Sein Betreuer in der Entzugsklinik habe ihm erlaubt, nach Hause zu fahren.

Wie panisch Bens Schwester Ivy (Kathryn Newton) dem Stiefvater Neal (Courtney B. Vance) diese „Überraschung“ mitteilt, lässt ahnen, wie furchtbar die letzten Weihnachten verlaufen sind. Doch diesmal will Holly ihren Sohn keine Minute aus den Augen lassen und lässt ihn zuerst bei offener Badzimmertür einen Drogentest machen.

Ja, Ben ist eine Herausforderung für die wohlbehütete Familie, deren größtes Problem bislang war, Bio-Cranberries für das Weihnachts-Menu zu finden. Die impulsive Mutter Holly missachtet als Ben-Junkie dabei selbst alle Absprachen und wirkt anfangs wie die zu betreuende Person. Ben hingegen findet auf dem Dachboden sicher einen alten Vorrat an Drogen und selbst bei einem Abhängigen-Treff bekommt er unbemerkt etwas zugesteckt.

Wie eine Familie mit einem Abhängigen umgehen soll, ist per se ein unheimlich schwieriges, herzzerreißendes Thema. Das Dilemma zwischen Liebe und gnadenloser Härte bräuchte keine großartige Dramaturgie, nicht viel Regie- oder Schauspielkunst, um zu berühren. Während „Beautiful Boy“ von Felix van Groeningen („Broken Circle“) sich kunstvoll allein auf das Verhältnis von Vater und Sohn konzentriert, wird bei „Ben is Back“ noch der kleine Familienhund entführt, während der Christmesse eingebrochen, erpresst, verfolgt und schließlich selbst die Spannung eines Drogen-Deals eingebaut. Kann man so machen, wirkt aber eher, als hätten die Macher zu wenig Vertrauen in die eigentliche Geschichte gehabt.

In dieser sehr ereignisreichen Nacht, die Mutter und Sohn im Auto umherirrend verbringen, werden nebenbei Geständnisse gemacht und einige Personen gestreift, die an Bens Sucht Schuld haben sollen: Der Arzt, der süchtig machende Schmerzmittel verschrieb. Der Lehrer, der das Morphium seiner kranken Mutter an Ben weiter gab. Die Familie selbst könnte wegen der Scheidung Probleme gemacht haben, aber der neue Stiefvater hat ja Geld, um die Entzugskliniken zu bezahlen, also könnte alles gut sein. Solch unterkomplexen Blödsinn schiebt der emotional durchaus funktionierende Film tatsächlich unter. Dabei stammt er vom Autor und Regisseur Peter Hedges, der die Drehbücher zu „About a Boy“, „Gilbert Grape“ (nach seinem eigenen Roman) und „Pieces of April“ schrieb. Unbeeinflusst von enttäuschender Ausführung diesmal, bemühen sich wenigstens die Darsteller redlich, recht dramatisch zu sein. Zynismus sollte bei solch einem Thema fern liegen, doch „Ben is Back“ macht es einem nicht leicht.


Ein FILMtabs.de Artikel