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Wer hat Angst vor Sybille Berg

D 2016, Regie: Sigrun Köhler und Wiltrud Baier

Das Stuttgarter Kollektiv Böller und Brot („Schotter wie Heu“) wagt sich an eine der schillerndsten Charaktere der deutschsprachigen Literaturszene. Sybille Berg nimmt kein Blatt vor den Mund und alleine das garantiert ein höchst witziges und pointiertes Porträt. „Es gibt Schlimmeres, als in der Schweiz zu verenden“, beschreibt die gebürtig aus Weimar stammende 48jährige ihren Ortswechsel, ihr eigenes schriftstellerisches Werk als „Randgruppenscheiße“. Aber auch die Filmemacherinnern müssen kräftig einstecken. Sie bezeichnet sie scherzhaft als „Dokuschlampen“ und beschwert sich, dass sie ein „ellenlanges Interview machen, aber keine Fragen haben“. In der Tat verfolgen die Autorinnen und Regisseurinnen Sigrun Köhler und Wiltrud Baier einen eigenen Ansatz, um der Persönlichkeit Sybille Bergs gerecht zu werden. Die Vita entsteht aus persönlichen Gesprächen, unchronologisch und assoziativ. Zwischendurch besucht Berg fremde Häuser wie das eines Multimillionärs mit Blick über L.A. und schwärmt in radebrechenem Englisch von Architektur. Eine einfache Aufgabe haben sich Köhler und Baier, die wie gewohnt auch Kamera und Schnitt verantworten, nicht ausgesucht. Die Medien haben Sybille Berg zugesetzt, ihre familiäre Geschichte ausgeschlachtet. Am liebsten würde sie auf das Rampenlicht verzichten und fühlt sich sichtlich unwohl, wenn sie in Zürich vor Theaterstudenten sitzt, die ihre Texte rezitieren. Die intimen Momente in ihrer Wohnung im Tessin, wo sie auch mal schweigen kann, machen die Stärke des Films aus und zeigen ihre Verletzlichkeit. Angst braucht danach niemand mehr vor Sybille Berg haben.


Ein FILMtabs.de Artikel