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American Cuisine

Fr/GB 1998 (American Cuisine) Regie Jean-Yves Pitoun, 92 Min.

Die Gegenüberstellung von französischer und us-amerikanischer Kultur ist ein beliebtes Denkmuster, auch im Bereich des Films. Während Hollywoods Produzentenvertreter den Verteidigern europäischer Kultursouveränität immer wieder mit Handelskriegen drohen, vergnügt sich auf der Leinwand seit Jahren regelmäßig "Ein Amerikaner in Paris". "American Cuisine" bereitet aus den Gegensätzen eine leichte Komödie und versucht dabei, die verschiedenen Geschmäcker und Stile in Einklang zu bringen.

Loren Collins (Jason Lee) konnte sich aufgrund seiner Herkunft nie die Ausbildung einer angesehenen Kochschule leisten und beschert deshalb als Militärkoch der Navy kulinarische Genüsse, die bis in die höchsten Ränge geschätzt werden. Da derart "verweichlichtes Getue" jedoch nicht zu richtigen Soldatenmännern paßt, provoziert ein kantiger Vorgesetzter seinen Rausschmiß. Verzweifelt ergreift Loren die Chance, sich in Frankreich bei Louis Boyer (Eddy Mitchell), einem der von ihm verehrten Meisterköche, vorzustellen.

Noch vor der ersten Begegnung wird Loren jedoch vor dem launigen Chefkoch gewarnt, der zudem eine Frau erwartete. Der Name Loren sorgt für die ersten kulturellen Differenzen, da er in den USA für Männer und als "Lorraine" in Frankreich für Frauen gebräuchlich ist. Aber seine erstaunliche Beharrlichkeit bringt den jungen Amerikaner doch in die Kochmannschaft von Boyer - auf der untersten Stufe allerdings. Obwohl sich die beiden schnell als Vater- respektive Sohn-Ersatz finden, zeigt Boyer seine Sympathien vor allem durch besondere Schroffheit und Strenge gegenüber dem Neuling. Dessen Herkunft nutzen die Kollegen immer wieder zu spöttischen Bemerkungen. Tagsüber unterzieht der exzentrische Chef Loren einer harten Schule, nach Restaurantschluß finden sie sich zu einem vertrauten Gespräch in der leeren Küche. Gleichzeitig legt Boyers Tochter Gabrielle (Irene Jacob) ihre anfängliche Abneigung gegen den Konkurrenten um die Liebe des Vaters ab. Loren und Gabrielle haben beide ihre Kindheit in der Küche verbracht, von dort stammen ihre frühesten Erinnerungen. Die junge Frau erkennt, daß sie mit diesem Mann ihre Kochleidenschaft ausleben kann und verzichtet auf die gesicherte Existenz an der Seite ihres bisherigen Partners.

Allerdings ist das angesehene Viersterne-Restaurant von ausstehenden Krediten und der Steuerprüfung bedroht. Loren muß sich regelmäßig vor der Fremdenpolizei verstecken, die illegale Arbeiter sucht, ein besonders kritischer Tester soll die vier Sterne des Restaurants neu bewerten. Inmitten dieser Spannung erfährt Loren, daß ein lebensbedrohender Tumor die Ursache für Boyers unberechenbares Verhalten ist und daß dessen Angst vor den Ärzten die rettende Operation verhindert. Auf dem Höhepunkt der Krise kann Loren noch einmal die Situation retten, diesmal mit seiner langgehegten kulinarischen Creation: einem Hamburger für Feinschmecker!

Bereits der Titel präsentiert eine Zusammenstellung aus Englisch und Französisch und, angesichts der Burger-Kultur, eine schwer vorstellbare Kombination. Auch weiterhin setzt die Romantische Komödie auf das - nicht konsequent ausgespielte - Gegeneinander von französischer und us-amerikanischer (Eß-) Kultur. Die Ausführung der Idee ist brav bescheiden. So kann man der "American Cuisine" eine nette Leichtigkeit bescheinigen oder die zu belanglose Nichtigkeit beklagen. Wie beim Soufflé ist die Grenze zwischen Gelingen und Zusammenfallen des Ganzen sehr schmal. Es kommt dabei auch auf den momentanen Appetit an.

Als besonders "typische" Elemente der jeweiligen Filmkulturen und -Stile sind die gut gewählten Hauptdarsteller erkennbar: Während Jason Lee als professioneller Skateboarder (!) und mit seinen bisherigen Rollen von "Chasing Amy" über "Enemy of the State" bis "Dogma" für den erfolgreichen amerikanischen Sunnyboy steht, spielt sein Gegenpart Eddy Mitchell eine sehr lebendige Figur mit Ecken und Kanten, einen liebenswerten Tyrannen, ein selbstherrlicher Küchendiktator in seinen letzten Tagen, dessen Präsenz auch immer wieder an große französische Schauspieler, an elegante Polterer erinnert.

Das französisch-amerikanische Mit- und Gegeneinander ist allerdings ein ideales Sujet für Irene Jacob, die sich mit ihrer Karriere genau auf diesem Grad bewegt. Zwischen der "europäischen Filmkunst" mit Kieslowskis "Drei Farben: Rot" (Trois Couleurs: Rouge) sowie "Die zwei Leben der Veronika" oder "Jenseits der Wolken" und dann austauschbaren Nebenrollen in den Majorproduktionen: "Auf der Jagd" (U.S.Marshals) als Geliebte des gejagten Wesley Snipes und als Desdemona in Oliver Parkers "Othello", dazu "Zwielicht".

"American Cuisine" ist der unauffällig gelungene Erstling von Jean-Yves Pitoun, der als Ko-Autor an Agnieszka Hollands "Priestermord" (To kill a priest) beteiligt war. Im Gegensatz zu vielen "kulinarischen" Filmen, nach denen man sofort gut Essen möchte, vermittelt "American Cuisine" vor allem Küchenatmosphäre. Allerdings wiederum nicht als kunstvollen Genuß a la Greenaways "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber", sondern von der prosaischen, arbeitsintensive Art. Er zeigt den Traumberuf des Kochs als äußerst hektische Teamarbeit mit knallharten Regeln.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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