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Streik (2018)

Frankreich 2018 (En Guerre) Regie: Stéphane Brizé, mit Vincent Lindon, Mélanie Rover, Jacques Borderie 114 Min. FSK ab 12

Welche Arbeit die französische Kunst des Streikens macht, vermittelt dieser kluge und schockierende neue Film von Stéphane Brizé („Der Wert des Menschen“). Hautnah bei den Kämpfern für die Würde der Arbeiter spielt Star Vincent Lindon unter vielen Laien.

Die Filiale eines deutschen Automobilzulieferers mit 1100 Arbeiterinnen und Arbeitern in Frankreich soll geschlossen werden, nachdem die Fabrikangestellten bereits zwei Jahre für weniger Lohn gearbeitet haben. Nun bricht das Unternehmen, das im letzten Jahr 17 Millionen Gewinn gemacht hat, die fünfjährige Vereinbarung. Die Manager reden davon, dass man nicht mehr wettbewerbsfähig sei. In ihrer gierigen Logik heißt das: Die 3,8 Prozent Gewinn der rentablen Fabrik würden nicht den angestrebten 7 Prozent genügen. Dabei erhielten die Aktionäre eine 25 Prozent höhere Dividende, der Chef des Unternehmens verdient 9 Millionen Euro, während auf Kosten der Arbeiter 14 Millionen gespart wurden.

Reichlich Gründe also, wütend aufzubegehren. Und all diese Fakten einer typischen zynischen Ausbeutung fließen ein, während man sich mitten im teilweise chaotischen Kampf der 1100 Arbeiter befindet. Die Kamera ist hautnah im Gerangel mit der Polizei bei der Besetzung der Arbeitgeber-Vertretung. Während der zähen Gespräche bei der Regierung, die ihre Subventionen feige nicht zurück fordert, ist Geduld gefragt. Man spürt, wie sich Laurent Amédéo (Vincent Lindon) zurückhalten muss. Er ist Wortführer einer der beteiligten Gewerkschaften. Kümmert sich zwischendurch um seine geschiedene Frau und sorgt sich um die hochschwangere Tochter.

Mitten aus den kämpfenden Menschen heraus zeigt der besondere Film auch das Abbröckeln der Streikfront, als einige auf die Abfindungen des Unternehmens eingehen. Heftig ist die Räumung der Firmenblockade für ein paar Streikbrecher. Das ist in der Entwicklung packend, unterstützt durch einen intensiven Musikeinsatz, der den Kampf sehr stimmungsvoll begleitet.

„Streik“ folgt dem Widerstand über mehrere Monate, in denen die Familien und das Privatleben der Aktivisten zu kurz kommen. Auch in dem Film kommt nicht viel davon vor. Es wird nur in den Hauptpersonen gespiegelt, in dem Druck und Stress, den sie zeigen.

Die intensiven, dokumentarisch wirkenden Momente mit Lindon inmitten der Laien-Darsteller wechseln sich mit (inszenierter) TV-Berichterstattung ab. Zwar berichtet „Streik“ von keinem bestimmten Arbeitskampf, doch Regisseur und Autor Stéphane Brizé verwebt in seinem engagierten Film mehrere wiedererkennbare Ereignisse der letzten Jahre. Das Arbeitskräfte nur „Variablen im Profit-Interesse der Aktionäre“ sind, lässt sich klar analysieren. Doch um zu spüren und wirklich zu verstehen, was das bedeutet, braucht es Werke mit solchen kämpfenden und leidenden Menschen.


Ein FILMtabs.de Artikel