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Cold War

Polen, GB, Frankreich 2018 (Zimna Wojna) Regie: Pawel Pawlikowski, mit Joanna Kulig, Tomasz Kot 88 Min. FSK ab 12

Heißer Oscar-Kandidat und Amour Fou auf Polnisch: Nach „Ida“ bringt der aus Polen stammende und in England ausgebildete Pawel Pawlikowski erneut ein stilistisches Meisterwerk auf die Leinwand. „Cold War“, die Geschichte seine Eltern ist eine sehr bewegte Liebe dies- und jenseits der Grenzen des Kalten Krieges.

Das Liebesdrama beginnt mit der aus „Gadjo Dilo“ und vielen anderen Filmen bekannten Suche nach authentischer Musik der Landbevölkerung. Was Wiktor (Tomasz Kot) kurz nach Kriegsende beim Vorsingen schließlich findet, ist eine bewegte Liebe. Der Dirigent wählt die blonde Schönheit Zula (Joanna Kulig) ins Ensemble, obwohl sie die Noten nicht immer trifft. Aber die polnische Volkstanztruppe wird ein Erfolg und ein Propaganda-Hit zu Ehren Stalins. Man stelle sich die Charme-Truppen aus Nordkorea bei der letzten Winter-Olympiade vor, nur mit besserer Musik. Wiktor und Zula werden auf der Tournee ein Paar, aber er will bei Auftritt Ostberlin mit ihr in den Westen. Sie versetzt ihn, vom eisigen Berlin führt der Schnitt zu heißen Rhythmen in einem Pariser Jazz-Keller.

Der harte Bruch von hübsch aufpolierter Volksmusik zu Propaganda-Zwecken in Ost-Berlin zum Jazz in Paris wird nicht der einzige brüske Schnitt in dieser wahrlich wechselhaften Liebes-Geschichte bleiben. Dabei bleibt Regisseur Pawel Pawlikowski mit dem gleichen Team seiner Schwarz-Weiß-Ästhetik im 4:3-Format treu. Aber mit dem Paar ändert sich auch der Stil im klassischen Kader: Die Pariser Episoden könnten Nouvelle Vague sein, in Polen sieht man Tarkowskij-Stil und soll sich genau an diese Film-Epochen erinnern. Und man genießt erneut eine breite Palette von Musikstilen, das Titellied wird sogar durch Zeiten, Systeme und Stile konjugiert.

Dazu ist Zula dann die perfekte Femme Fatale. Wiktor kommt entspannt überall zurecht, sie ist nirgendwo glücklich. Provoziert Eifersucht auf allen Seiten, meckert und mäkelt in Bilderbuch-Umgebung. Selbst das wunderbar bittersüße Schlussbild des Films muss sie in einer ironischen Wendung kaputtmachen: Lass uns auf die andere Seite gehen, sagt sie. Und schon sind sie aus dem Bild. Diese trotzdem liebevolle Betrachtung hat ihre Wurzeln im persönlichen Ursprung der Gesichte – es die von Pawel Pawlikowskis Eltern.

Ein wenig schwebend wie Wong Kar-wais „In the Mood for Love“, nur in polnisch und mit doch relativ vielen Worten. Das große Drama der Welt-Geschichte läuft im Hintergrund ab, es ist nicht der Kern wie bei „Ida“. Wenn man jedoch so eine Amour Fou, so eine verrückte Liebe mag, ist es ein perfekter, großartiger Film, ein weiteres Meisterwerk.


Ein FILMtabs.de Artikel