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Küss den Frosch

Küss den Frosch
USA 2009 (The Princess and the Frog) Regie: Ron Clements, John Musker 98 Min.

Eine alte Kunstform wird aus verstaubten Archiven hervorgekramt und blüht erneut zu einem prächtigen Vergnügen für das Kinderkino auf. Zu feiern ist hier nicht die klassische 2D-Animation, die bei Disney eine sehr schöne Wiedergeburt erlebt, sondern der New Orleans-Jazz, der diesen Zeichentrickspaß zu einem wunderbaren Stück Musikgeschichte auch für Erwachsene macht.

Nachdem ein neues Disney-Logo die ganz alte Mickey Mouse wieder ans Ruder lässt, erzählt die neueste Bildergeschichte aus dem erfolgreichsten Zeichentrickstudio der Filmgeschichte selbstverständlich ein Märchen – erst einmal. Denn die Begeisterung über den Froschkönig, welche die verwöhnte blonde Göre Lotto in ihrem Prinzessinnen-Kleidchen völlig umhaut, lässt ihre dunkelhäutige Freundin Tiana gänzlich kalt. Sie ist die Tochter der Näherin und wird am Abend in einer schönen Fahrt aus dem New Orleans der Reichen in ihre ärmliche Hütte zurück kehren müssen. Es ist ein bittersüßer Traum, diese Stadt in den Zwanziger Jahren und vor allem vor der Flut zu sehen. Die nächsten Jahre arbeitet das Mädchen extrem hart mit gleich zwei Jobs, um den Traum eines eigenen Restaurants zu verwirklichen. Da bleibt keine Zeit zum Tanzen und für die Liebe, selbst als der indische Prinz Naveen nach New Orleans kommt, um Lottis Märchen-Traum zu verwirklichen, macht Tiana das Catering. Allerdings hat ein düsterer Voodoo-Priester längst seine knochigen Finger im Spiel. Sein böser Zauber macht Naveen und Tiana zu Fröschen. Ihre Odyssee durch die Sümpfe des Mississippi hilft beiden zu verstehen, was sie wirklich wollen.

Soweit die Geschichte vom Prinz und Schenkelmann, die tatsächlich ziemlich Disney ist. Bei der Umsetzung begeistert vor allem die Qualität und die vielfältige Lebendigkeit der Szenen: Tianas Soul Kitchen sehen wir als stilisierte Traumsequenz in beige und braun, der jazz-verrückte Prinz stürzt sich in den bunten Mardi Gras, den so herrlich unchristlichen und exzessiven Karneval von New Orleans. Die Verführung des Voodoo-Zaubers zeigt sich als Daumenkino beim Kartenlegen. Bei den Showeinlagen bläst das Krokodil Louis – einer der vielen Wegbegleiter des Frosch-Paares – als begnadeter Trompeter im abschreckenden Kroko-Dress uns fetzige Sounds um die Ohren. Ja, dieser Kinderfilm entpuppt sich als Jazz-Revival (Musik: Randy Newman), das genial den kleinen Kinobesuchern New Orleans-Jazz (Woody Allen wäre erfreut), ein Cajun-Ballett aus Glühwürmchen oder seligen Gospel vorstellt. Noch toller als die vielen netten Figuren und Ideen sind diese großartigen Shownummern – eine besser als die andere. Als Leitmotiv für das Feuerwerk von Musik und Bewegung – fast wie einst bei Disneys „Fantasia“ – fungiert eine überzeugende Geschichte.. Gegen den Trend wurde dieser Disney nicht in 3D, nicht mal auffällig digital animiert, dafür mit Sorgfalt. Man kann sich bei Karneval, Romantik und Spaß über den moralischen Lehrsatz „Was wir wollen und was wir brauchen ist nicht egal“ lustig machen, doch schon die Stones schlugen daraus musikalisch Funken und wenn es dann heißt „Du musst nur tiefer in dir graben, da liegt ein Schatz vergraben“ stimmen sowohl Buddhisten als auch Psychoanalytiker freudig mit ein.


Ein FILMtabs.de Artikel