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Deadpool 2

USA 2018 Regie: David Leitch, mit Ryan Reynolds, Zazie Beetz, Josh Brolin, 120 Min. FSK ab 16

Der hässlich vernarbte, zynische und sadistische Deadpool ist wieder da. Bei aller Skepsis gegenüber erfahrungsgemäß schwachen zweiten Teilen trotzdem ein Grund zur Vorfreude: Der mutierte Auftrags-Quäler Wade Wilson (Ryan Reynolds) war mal ein Comic-Charakter mit echten Schattenseiten, mal kein unglaublich Guter. Wobei die Darstellung der tödlichen Action nicht kindgerecht verharmlost wurde. In „Deadpool“ zeigte 2016 Superzeitlupe, was tatsächlich passiert, wenn Kugeln Körper durchschlagen oder Gliedmaßen abgetrennt werden. Geschmacksache, aber das wollten sicher nicht wirklich viele Kids nachmachen!

„Deadpool 2“ ist nun ein Familienfilm – nicht wirklich. Aber so erzählt es Wade Wilson, der nach getaner Arbeit brav nach Hause kommt. Nun täuscht das liebliche Lied „9 to 5“ von Dolly Parton nicht drüber hinweg, dass die Arbeit das Ermorden von Schurken auf der ganzen Welt ist. Aber danach und nach der Familienplanung mit der geliebten Vanessa auf der Couch das Streisand-Musical „Yentl“ sehen, das ist echt. Bis ein Gangster Vanessa umbringt.

Nun ist „Ein Mann im roten Stretchanzug zieht rot“ recht schnell erledigt. Nur wie will Wade sich umbringen? Er will ohne Vanessa nicht mehr leben, aber seine super Selbstheilungskräfte lassen ihn nicht sterben. Selbst nicht mit echt viel Explosivem unterm Hintern. Das ist der große Knaller noch vor dem völlig durchgeknallten Vorspann.

Danach dann wie erwartet völlig bescheuerte und gleichzeitig knallharte Action, teilweise schwer übersetzbare Gags im Minutentakt und die gekonnte Demontage des Superhelden-Genres. Denn hier verläuft einiges anders, als es die anderen ermüdend als Erfolgsrezept dauernd wiederholen. Doch der großartige Parodie-Spaß für Hartgesottene will noch mehr: Eine Liebesgeschichte erzählen, die größer ist als das Leben. Und eine Zeitreise-Schiene quer durch das Ganze ziehen. Auch wenn Josh Brolin als zeit-reisender Actionheld, als Terminator-Figur aus der Zukunft, völlig ohne Humor eine Bereicherung ist, sobald sich „Deadpool 2“ der Handlung hingibt, wird der Film gewöhnlich.

Denn es gilt einen jungen, leicht entflammbaren Mutanten vor seiner Zukunft als Massenmörder zu retten. Dabei hält die Frequenz frecher Witze ihr Tempo nicht aufrecht. Neben der Romantik funkt doch recht übliche Action dazwischen. Das Lachen vergeht aus dramaturgischen und inszenatorischen Gründen, wenn Regisseur David Leitch, der zuletzt mit „Atomic Blonde“ und „John Wick 2“ eher mechanische Aktion hingelegt hat, den Stil wechselt. Das Casting von eher ungeeigneten Team-Mitgliedern ist schon schlapper als jeder der Sprüche von Deadpool selbst. Selbstverständlich gibt es auch unzählige Knaller, wie die Empfehlung zur Trauerverarbeitung nach Kübler-Ross ausgerechnet vom bulligsten Typ der Kneipe.

Ryan Reynolds beweist neben Meisterschaft für Rollen wie den toten Polizisten in „R.I.P.D.“ oder den „Killer’s Bodyguard“, die dauernd mit einem Augenzwinkern herumlaufen, wieder mal Vielseitigkeit in einer Figur. Sein Deadpool kommt fast an den schizophrenen Arbeiter aus dem schrillen „The Voices“ ran. So ist es die eigentliche Superhelden-Leistung von Hauptdarsteller und Ko-Autor Reynolds, der weiterhin selbst seine Aktionen direkt in die Kamera kommentiert, diese Kramkiste mit genialen Scherzen und routiniertem Einerlei mit seinem ganz speziellen Charme zu übergießen und zusammenzuhalten.


Ein FILMtabs.de Artikel