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A Beautiful Day

USA/GB/F 2017, Regie: Lynne Ramsay mit Joaquin Phoenix, Judith Roberts, Ekaterina Samsonov, 89 min

Joe ist ein Getriebener. Seine dunkle Vergangenheit trieb ihn erst durch die Hölle seiner gewalttätigen Kindheit, dann durch irgendeinen Krieg und lässt ihn auch in der Gegenwart nicht los. Heute beseitigt der Ex-FBI-Agent als brutaler Auftragskiller zwielichtige Gestalten für schattenhafte Figuren. Als er ein minderjähriges Mädchen aus einem Pädophilenring befreien soll, wird der Auftrag persönlich. Die Flashbacks in seine schmerzhafte Vergangenheit nehmen Überhand. »A Beautiful Day« trägt – trotz des deutschen Verleihtitels – nur wenig Schönheit in sich. Der Hard-Boiled-Rachethriller für das Arthouse-Publikum bietet einen tiefen Blick in menschliche Abgründe. Lynne Ramsay (»We need to talk about Kevin«) adaptierte den Roman von Jonathan Ames als reduziertes Filmpuzzle voller Andeutungen und Fragmente, dessen Teile sich nur widerwillig zusammensetzen. Die Präsenz von Joaquin Phoenix in der Hauptrolle ist eindrücklich bis unheimlich. Mit einem Überfluss an Bauch und Haaren wirkt er wie ein Eremit der Unterschicht. Mit dem Hammer in der einen und dem Panzertape in der anderen Hand geht er zur Arbeit und wird zum Tier. Ein Nihilist, dem jedweder Glaube an Irgendwas geraubt wurde. Johnny Greenwoods Musik dröhnt zu den schmutzige Bildern von Thomas Townend. Rot ist die omnipräsente Farbe. Und dennoch ist »A Beautiful Day«, der im vergangenen Jahr unter dem kryptischen Originaltitel »You were never really there« im Wettbewerb von Cannes die Palmen für Drehbuch und Hauptdarsteller gewann, kein selbstverliebter Gewaltporno eines Nicolas Winding Refn (»The Neon Demon«). Unter der abstoßenden Schale steckt ein zärtlicher Kern, zu dem es sich lohnt, vorzudringen. Vielfach wurde Ramseys Film mit Martin Scorseses Meisterwerk »Taxi Driver« verglichen. Parallelen zu DeNiros Soziopath sind vorhanden, »A Beautiful Day« ist aber mehr Genrefilm als Großstadtballade.


Ein FILMtabs.de Artikel