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Alles Geld der Welt

USA 2017 (All the Money in the World) Regie: Ridley Scott mit Michelle Williams, Mark Wahlberg, Christopher Plummer, Romain Duris, Charlie Plummer 133 Min. FSK ab 12

Mehr, mehr, mehr! Bitte einen Oscar für das beste Gesicht des Kapitalismus an Christopher Plummer! J. Paul Getty, der „reichste Mann aller Zeiten“, hat trotz der Milliarden, die er gerade am morgendlichen Ölmarkt gemacht hat, kein für seinen Enkel übrig. Obwohl die Entführer schon ein Ohr vom jungen John Paul Getty III geschickt haben.

Es war eine der aufsehenerregendsten Entführungen der Promi-Welt: 1973 wurde der 16-jährige Paul (Charlie Plummer), Enkel des milliardenschweren Öl-Magnaten J. Paul Getty (Christopher Plummer, nicht verwandt), in Rom entführt. Was die Kidnapper scheinbar nicht wissen, ist dass der junge Paul zusammen mit seiner Mutter Gail Harris (Michelle Williams) lebt und die sich schon vor Jahren von ihrem Getty-Ehemann getrennt und vom alten reichen Geizhals losgesagt hat. Für Gail ist es unvorstellbar, 17 Millionen Dollar Lösegeld aufzutreiben. Der Bittgang zum ehemaligen Schwiegervater wird mit unvorstellbarer Kälte beantwortet. J. Paul Getty empfängt sie nicht einmal. Es charakterisiert ihn dabei vortrefflich, dass er auf seinem Schloss eine Telefonzelle mit Münzeinwurf für Gäste installiert hat!

Ridley Scott, der neben seinen nicht wenigen epochalen Filmen wie „Blade Runner“, „Alien“, „Thelma & Louise“, „Gladiator“ oder „1492“ auch noch eine ganze Reihe interessanter inszeniert hat, legt hier mal keinen besonders spannenden Film hin. Hochspannung und Action gibt es nur kurz im Finale. Deftig ist „Alles Geld der Welt“ zwar bei der ausführlich grausamen Verstümmelung der Geisel für einen altmodischen Beweis, dass sie lebt. Vor allem reiht sich ein unglaublicher Moment von Gettys Gier und Geiz an den nächsten. Eine Rückblende über die kurzzeitige Rückkehr seines verlorenen Sohnes und großer Zuneigung zum Lieblings-Enkel Paul macht das Staunen nur noch größer.

In einer besonders gelungenen Szene taucht J. Paul Getty im Moment größter Bedrohung für den Enkel mit einem Koffer voller Geld bei einem obskuren Italiener auf. Das Millionen-Geschäft wird vereinbart, bald blickt der Öl-Magnat glückselig und sagt „Mein schönes Kind“ … zu einem Ölgemälde mit Maria und Kind! Die reale Mutter Gail Harris erleidet derweil Höllenqualen, muss die vermeintliche Leiche des Sohn identifizieren und streitet sich durchgehend mit dem ehemaligen CIA-Agenten Fletcher Chase (Mark Wahlberg), den Getty ihr zur Kontrolle mitgegeben hat. Inzwischen sorgten das Zögern bei der Familie des Entführten und dann doch endlich ein paar Bemühungen bei nicht korrupten Polizisten dafür, dass die Sache für die Entführer zu heiß wurde und dass sie die Geisel einem Mafia-Gangster „weiterverkaufen“.

Das zynische und eiskalte Gesicht des Kapitalismus wird durch Christopher Plummer („Verblendung“) so eindringlich dargestellt, dass man eigentlich keinen Gedanken an Kevin Spacey verliert, der Getty zuerst hinter einer extrem dicken Maske spielte und der mit einem Nachdreh aus dem Film radiert wurde. Michelle Williams legt die Ergriffenheit routiniert hin, Mark Wahlberg erweist sich erneut als Null-Nummer, sein Sicherheitsmann hätte sicher weniger Leinwandzeit vertragen können. Es ist tatsächlich Plummer, der diesen Film trägt und zum dem man sagen muss: „Mehr. Mehr. Mehr!“


Ein FILMtabs.de Artikel