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Verhandlungssache

 

USA 1998 (The Negotiator) Regie Gary F. Gray, ca. 120 Min.

Der Vorspann zeigt in Schwarzweißbilder von Freundschaft und Kollegialität unter den Polizisten Chicagos. Kurz eingeblendete Details neidvoller und skeptischer Blicke lassen an dem schönen Schein zweifeln. Noch hat "The Negotiator" - so der Originaltitel - eine Subtilität, die er später nicht mehr erreicht.

"Negotiator" haben einen spannenden Beruf und einen tollen Job fürs Kino: Die Männer, die mit Geiselnehmern verhandeln und nicht nur die Leben der Opfer sondern auch das des Täters retten wollen, sind Helden mit scharfer Intelligenz, bestechender Menschenkenntnis, kurz: ideale Kinofiguren. Das wußten schon die Produzenten von "Metro", die Eddie Murphy wieder einmal um sein Leben reden und rennen ließen.

Danny Roman (Samuel L. Jackson, der Action-Partner von John Travolta, Bruce Willis und Geena Davis jetzt auf sich allein gestellt) ist ein "Negotiator". Lügen und Manipulieren sind sein Beruf, doch die jetzt zuschnappende Falle scheint zuviel für den aufmerksamen Polizisten: Er wird verdächtigt, einen Krankenfond der Polizisten ausgeraubt und seinen Partner ermordet zu haben. Schnell finden sich Beweise und in Inspektor Niebaum (J.T. Walsh in einer seiner letzten Rollen) von den "Internal Affairs", der internen Polizeiaufsicht, ein Ankläger. Doch ebenso schnell schaltet Danny um und macht eine dieser verrückten, extrem riskanten Dinge, die ihm im Job den Erfolg brachten. Der gute Polizist nimmt im Verwaltungshochhaus Chicagos Niebaum und drei andere als Geiseln. Die Kollegen haben nun einen besonders schwierigen Job, den besten ihrer Leute reinzulegen. Doch einige spielen nicht den Regeln entsprechend, sondern wenden all ihr Können auf, um den unliebsamen Kollegen mit einem Schuß aus dem Weg zu räumen.

Danny führt jedoch kurz die äußerst bescheidenen Fähigkeiten seines Kollegen "Nein-Farley" vor und verlangt dann nach Chris Sabian (Kevin Spacey), einem gänzlich unbekannten Unterhändler. Der Auftritt Sabians bringt den Film wieder auf die Höhe seiner Möglichkeiten. Zwar scheiterte dieser Unterhändler darin, einen lächerlichen Streit zwischen seiner Frau und seiner Tochter zu schlichten, schaffte es nicht die beleidigte Gattin aus dem abgeschlossenen Schlafzimmer zu bekommen, doch in den letzten fünf Jahren hat er seinen Job erledigt, ohne daß es einen einzigen Toten gab.

Gary F. Gray inszenierte schon den Frauen-Gangsterfilm "Set it off" mit aufwendigem Stil. Was dabei jedoch beeindruckte, der Overkill an sirenenbestückter Dekoration, bleibt hier leer: Die Standards von anrückender Polizei, Absperrung des Tatorts, neugierigen Mengen und drängelnder Presse wirken äußerst überflüssig. Die so knapp leider treffende Kurzformel lautet: Innenszenen hui, Außendrehs pfui! Die psychologischen Vorgänge, die eher psychisch als physischen Duelle zwischen Danny und Chris Sabian verlaufen packend und intensiv. Das war's dann aber auch. Psychologie und Plausibiliät haken an anderen Ecken und Kanten. Die Geiseln werden unglaubwürdig plötzlich zum Freund ihres Kidnappers. Die obskur gelassene Einschätzung von gut und böse klärt sich mit unpassendem Pathos. Und der ganze Fall, dieser Sumpf von Korruption und Verbrechen, der die Grundlage für Spannung durch Unsicherheit bildet, läßt sich plötzlich auf eine simple (Auf-) Lösung reduzieren.

Alles was nichts mit den beiden Unterhändlern Danny und Chris Sabian zu tun hat, schadet dem Film. Schon die wichtigsten Nebenfiguren fallen extrem stark ab. Beck, der stiernackige Mann fürs sofortige Handeln, aus Prinzip ein Gegenpol zum bedächtigen Verzögerer Danny, bleibt einfältig im Zentrum der Verdächtigungen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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28.09.1999