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Styx

BRD, Österreich 2018 Regie: Wolfgang Fischer mit Susanne Wolff, Gedion Oduor Wekesa 95 Min. FSK ab 12

Mit viel Ruhe für Details beginnt Rikes Reise in Gibraltar. Auf ihrer Segeljacht bricht die Ärztin (Susanne Wolff) allein zu einer traumhaften Insel im Südatlantik auf. Das Verstauen der Vorräte und Karten, das Kontrollieren der Route bekommen die Zeit, die eine einsame Seereise hat. Zwischendurch ein Funkgespräch mit einem Frachter, der die gleiche Route fährt. Dann der angekündigte Sturm, den Rike knapp übersteht. Ziellos wirkt der Film eine Weile, bis Rike ein Boot voller Menschen in Seenot ausmacht. Die Vorgehensweise ist ihr klar: Der Funkspruch an die Küstenwache soll Hilfe bringen, doch die Retter kommen nicht. Derweil springen vom schrottigen, still liegenden Kahn Menschen ins Wasser und versuchen, Rikes Jacht zu erreichen. Die Alleinseglerin rettet einen Jungen, versorgt ihn mit all ihrer medizinischen Kenntnis und setzt weiter Hilferufe ab.

Da ist plötzlich, bei dem von Kameramann Benedict Neuenfels („Die Fälscher“) so klaren und nüchtern schön gefilmten Trip ins Paradies die typische Situation zahlloser Dramen vor allem im Mittelmeer: Menschen sind in höchster Not, aber die zuständigen Organe tun nichts und untersagen auch noch anderen, zu helfen. Die Küstenwache vertröstet, der Kapitän eines Frachters hat Anweisungen seiner Firma und riskiert mit der Rettung von Menschen nicht seinen Job. Nur Rike bleibt trotzig in der Nähe der Sterbenden – mit hoch spannenden Folgen. Liegt es am Hippokratischen Eid, der ihr als Ärztin vertraut sein sollte? Wir sahen allerdings auch schon vorher, wie sie sich um einen Vogel sorgte, der an Deck landete.

Letztlich hat Rike, wie auch der Film, keine Antworten. Weder auf die Fragen des geretteten Jungen, der seine Schwester noch auf dem Flüchtlingsboot weiß, noch auf die allgemeine Situation. „Styx“ ist nur teilweise eines dieser Hochsee-Dramen, bei denen die Einsamkeit und die Hilflosigkeit des Menschen angesichts unfassbarer Weite und gewaltiger Natur eine große Rolle spielt. Dies weiterführende Drama konzentriert sich am Ende ganz auf Susanne Wolff („Rückkehr nach Montauk“), deren Gesicht das Unfassbare der Situation in schockiertem Schweigen ausdrückt. „Styx“ ist eine Anklage, die nicht unberührt lässt. Gleichzeitig, während zu den letzten Bildern über Funk reihenweise Notrufe zu Booten und Hunderten Menschen eingehen, vermeidet Regisseur und Ko-Autor (mit Ika Künzel) Wolfgang Fischer („Was du nicht siehst“), einfache Lösungen zu behaupten. „Styx“ feierte seine Premiere bei der diesjährigen Berlinale und gewann dort den Heiner-Carow-Preis der DEFA-Stiftung, den Preis Label Europa Cinema und den Preis der Ökumenischen Jury in der Sektion Panorama. Das unbedingt sehenswerte Drama ist einer der drei Finalisten des diesjährigen LUX-Filmpreises, der am 14. November vom Europäischen Parlament vergeben wird.


Ein FILMtabs.de Artikel