Die wiedergefundene Zeit

Fr/I 1999 (Le temps retrouvé) Regie Raoul Ruiz, 158 Min.

Ein mit Melancholie belegter Literatur-Rausch des Abschieds ist diese Proustverfilmung. Drei Stunden "Erinnerungen eines Dandys" an die Zeit von 1914 bis 1928 sind trotz edler Kameraführung, faszinierender Schauspieler (John Malkovich, Catherine Deneuve, Emmanuelle Béart, Vincent Pére, Chiara Mastroianni ...) und einer verspielten, leichten Inszenierung noch immer forderndes Kunstkino. "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" (so der Titel der Vorlage Prousts) wird nach fast drei Stunden Film der sein, der sich nicht auf das langsame Erzähltempo der Impressionen einlassen kann. Eine Geschichte, einen Handlungsfaden braucht man nicht zu suchen, es sind Momente, die zurückbleiben - so wie auch im Leben. Und der chilenische Regie-Veteran Raoul Ruiz hütete sich davor, die Kunstfertigkeit der Vorlage - das siebte und letzte Kapitel der "Temps retrouvé" - einzuebnen. Immer wieder lösen Töne, Gerüche oder Bilder ganz im Geist von Prousts Poesie Gedanken an Vergangenes aus. Mit einer komplizierten Schienen-Technik verschieben sich die Möbel in den Erinnerungs-Räumen - ein Moment der Irritation, aber auch ein Eindruck von der Intensität persönlicher Erinnerungen. Ruiz sieht Prousts "Bild"-Verknüpfungen als filmische Überblendungen und so kann man den Film durchaus als kongenial genießen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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