ghj-logo

Goldener Ehrenbär für "die Deneuve"

Von Günter H. Jekubzik

Berlin. Unter den Stars, die bei der 48. Berlinale so reichlich angekündigt waren, daß ein paar Ausfälle gar nicht auffallen, leuchtet einer wirklich hell auf der Leinwand: Catherine Deneuve war Mittwoch in Berlin, um einen Goldenen Ehrenlöwen für ihr Lebenswerk zu empfangen.

Catherine Deneuve wurde 1943 in Paris geboren. Schon die Eltern waren Schauspieler, ihre früh verunglückte Schwester Françoise Dorléac spielte öfters mit ihr, so auch in Demys "Die Fräulein von Rochefort" (1967). 1994 wurde sie UNESCO-Botschafterin für das Filmerbe.

Noch als Schulmädchen machte sie ihr Filmdebüt und trat zwischen 1956 und 1963 in leichten Unterhaltungsfilmen auf. Die große Entdeckung, die erstmals sprachlos machte, kam 1964 mit Jacques Demys "Die Regenschirme von Cherbourg". Catherine Deneuve sang als junges Mädchen ihr Glück und Leid heraus, in diesem wunderbaren, leichten und kunstvollen Filmmusical. Wenn eine junge Virgine Ledoyen heute im Berlinale-Wettbewerbsfilm "Jeanne et le garçon formidable" über Aids singt, ist dies immer noch ein Nachklingen der "Regenschirme" - vor allem wenn Jacques' Sohn Mathieu die Rolle des geliebten Aids-Kranken spielt.

Da zu einer Wirkung, wie sie "die Deneuve" seit Jahrzehnten hervorruft, mehr als ein schönes Gesicht gehört, zeigte sie direkt bei Polanskis "Ekel" (1964) ein anderes. Der provokative Regisseur suchte das Mädchen "mit einem Engelsgesicht, das einen Mann mit der Rasierklinge töten könnte." "Ekel" erhielt 1965 als Spezialpreis der Jury einen Silbernen Berliner Bären. Deshalb präsentierte das Festival Roman Polanskis Film auch erneut am Mittwochabend in einer Galavorstellung.

Luis Bunuel gab ihr eine Rolle in einem Luxusbordell als "Belle de Jour" (1967). François Truffaut besetzte sie in "Das Geheimnis der falschen Braut" (1969) gegen das Vamp-Image als Betrügerin und Lügnerin. In Tony Scotts "Begierde" (1983) durfte sie dann den Männern reihenweise das Blut aussaugen, David Bowie gehörte auch zu den blassen Opfern. Dann "Die letzte Metro" (1981): Für ihre Rolle als Theaterleiterin im besetzten Paris erhielt sie einen César, den französischen Oscar - dabei hatte sie nie auf der Bühne gespielt! Weiterhin spielte sie, die sich gerne von den Regisseuren führen und mit der Figur füllen läßt, unter Jean-Paul Rappeneau, Alain Corneau, Claude Lelouch, Marco Ferreri, Jean-Pierre Melville und vielen anderen Bekannten.

Selbst ihr Altern ist atemberaubend. Schon als "Die schöne Lili" (1991, Regie Jean-Loup Hubert) beseelte sie auf berührende Weise die Frau eines Installateurs, die sich Nacht für Nacht hinter einer Tapetenecke zu den verloren Chancen ihrer Jugend träumt. Seit 1982 wählte Catherine Deneuve mit André Téchiné vier mal einen Regisseur, der seine Figuren intensiv, feinfühlig und im Detail packend zu ergreifenden Menschen formt. Zuletzt in "Meine liebste Jahreszeit" (1993) war sie die still sorgende Schwester, deren verschlossene Einsamkeit ohne einen lauten Ton herzzerreißend wirkte. Auch als reife Philosophie-Dozentin Marie in "Diebe der Nacht" (1996, Les voleurs) sah man sie an der Seite von Daniel Auteuil. Selbst im bitteren Lebensüberdruß steckte noch eine ergreifende Schönheit.

Diese eindrucksvoll vielfältige und reiche Karriere war nur möglich im französischen Film mit seiner ganz besondere Verehrung "der Frau". Da kann mann es sich schon mal leisten, einen ganzen Film lang die subjektive Kamera auf eine junge Frau zu halten ("La femme defendu" OHNE Deneuve) und so auch mit ihr ins Bett zu gehen (mit Frau UND Kamera). Da haben unübersehbar viele junge SchauspielerInnen die Chance, sich zu profilieren. Auch wenn die franco-phoben Kinogänger mit "typisch französisch" die Ausstellung verführerische Kindfrauen kritisieren - nach drei bis vier Filmen zeigt sich, wer mehr bieten kann.

Erst in letzter Minute fiel die Festival-Entscheidung für diesen Ehrengast. Vielleicht sieht deshalb auch das Büchlein zur Hommage so spärlich aus: Es ist nicht mehr als eine schöne Fotosammlung mit drei Seitchen Text von Peter W. Jansen. Keine Filmographie, keine biographischen Daten. Ähnlich wirkt denn auch das Filmprogramm: Nur dreizehn Filme aus ihrem enormen Werk von 1956 bis heute. Da wählten die Festspiele nach "Stars", die manchmal eher Kurven als Können zeigten, endlich mal eine Schauspielerin, die es verdiente und die Verehrung - im passenden Cinema Paris - fällt so rudimentär aus. Schade für dieses Mal!


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

realisiert durch

Ein Service von

arena internet service

FILMtabs-Logo



@