Verschollen

USA 2000 (Cast Away) Regie Robert Zemeckis, 143 Min.

Das Ziel lautet: Findet den Nachfolger für "Forrest Gump". Nötig haben es allerdings weder der exzellente Regisseur Robert Zemeckis ("Schatten der Wahrheit", "Der Tod steht ihr gut", "Zurück in die Zukunft") noch der Superstar Tom Hanks. Und deshalb ist wohl auch etwas ganz Eigenes aus der neuerlichen Verbindung entstanden.

Zwei Motive fließen durch den Film - das der Flügel und das der Uhr. Die Zeit ist Chuck Nolands (Hanks) Spezialität, als Super-Problemlöser für einen weltweiten Kurierservice führt er das Regime der Sekunde selbst in Moskau ein. Er hetzt und ist gehetzt, hat keine Zeit für seine Verlobte Kelly (Helen Hunt), Weihnachten wird im Auto verbracht. Bis ein Flugzeugcrash Noland über dem offenen Meer aus seinem durchgeplanten Leben reißt. Jetzt ist er nur noch ein winziger, nichtiger Mensch auf den Wogen des Schicksals. Als Treibgut spült es ihn am Strand einer kleinen, einsamen Insel an. Nun folgen Jahre des Wartens und Kinostunden voller Intensität.

Zu den vielen bemerkenswerten Eigenschaften dieses rundum gelungenen Films gehört die harmonische Gleichzeitigkeit von Spannung und Komik. Noch nie wurde so um einen Volleyball geheult. Es ist wohl eher der Inszenierungskunst von Zemeckis zu verdanken, dass man so gebannt verfolgt, wie - unter weitgehendem Verzicht auf Filmmusik - kaum etwas passiert. Aber darum geht es. Selbstverständlich ist es spannend, wie Noland es schafft, ein Feuer zu entflammen. Seine an den Wahnsinn grenzenden Gespräche mit einem urzeitlichen Gott - geschaffen aus einem Volleyball und etwas Blut - zeigen, dass Tom Hanks auch mit seinem reduzierten Ausdruck eindringlich sein kann. Witzig, wie immer wieder Pakete aus dem abgestürzten Flieger mehr oder weniger Nützliches anspülen. So dienen völlig deplazierte Schlittschuhe ganz hervorragend als Äxte.

Aber wie die "Welt im Takt der Zeit" (The World on Time), so das Motto von Nolands Firma, zur Welt außerhalb der Zeit wird, ist das hintergründig Spannende. Eine alte Taschenuhr wird Nolands ständiger Begleiter, sie stammt aus den Zeiten der Southern Pacific, als die Eisenbahnen mit ihren Telegrafenleitungen die USA zeitlich takteten. Doch jetzt dient die Uhr nur noch als Bilderrahmen. Diesen Wandel eines "Homo Faber" zu einer an irgendeinen Felsen geworfenen Kreatur hätte ich gerne noch eine Stunde länger miterlebt.

Am Ende bleibt der Ausgang offen, nur die Hoffnung siegt. Die Sonne geht wieder auf, Noland wird weiter atmen. Wer weiß, was die nächste Flut heran spült.

http://movies.uip.de/castaway


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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