Schatten der Wahrheit

USA 2000 (What lies beneath) Regie Robert Zemeckis, 130 Min.

In Zeiten, die mit inflationärem Teenie-Horror nicht mal ein Gähnen hervorschrecken, lässt der Oma- und Opa-Horror "Schatten der Wahrheit" mit Michelle Pfeiffer und Harrison Ford in klassischer Eleganz das Blut gefrieren.

Die Tochter ist zum College, da macht sich statt Leere im abgelegenen Haus der Spencers ein Geist breit. Die Hausfrau Claire (Michelle Pfeiffer) erlebt zuerst einen kalten Schauer im Bad, dann öffnen sich Türen selbsttätig, unheimliche Windzüge gehen durchs Haus. Erst meint Claire, rätselhafte Vorgänge bei den Nachbarn weisen auf einen Mord hin und das Opfer meldet sich bei ihr. Der rationalistische Gatte Dr. Norman Spencer (Harrison Ford) empfiehlt einen Psychiater. Während sich die Bilder verdüstern, ist Claire eigentlich längst klar, wer da aus dem Jenseits Kontakt sucht und zurück in die Gegenwart will ...

Nur Ahnungen schafft dieser meisterliche Thriller von Robert Zemeckis ("Zurück in die Zukunft", "Forrest Gump", "Contact") ein exzellentes Wechselbad von Spannung und Entspannung. Wo andere gleich in Serie mit dem Beil in die Tür und dann ins Horrorhaus fallen, sieht erst einmal alles ganz alltäglich aus. Nie heißt es: Renn Claire, renn! In den entscheidenden Momenten gibt jedoch die Kamera Gas, zaubert mit neuester Technologie, was allerdings erst beim genauen Hinsehen auffällt. "Hinsehen" ist übrigens der Schlüssel zu Hitchcock: Wie in "Psycho" steht im Horrorhaus von Norman (Spencer, nicht Bates) der neugierige Blick zentral: Der Blick durchs Zaunloch, das Spionieren mit dem Fernglas am Fenster (zum Hof). Die allgegenwärtigen Spiegel und Wasserspiegel, aus denen das Jenseits hervor tritt, erinnern hingegen an Cocteaus "Orphée". Während die klassischen Schärfeverlagerungen treffend eingesetzt werden, dürfen wir auch eigene Kreationen wie Aufnahmen durch einen Glasboden und sehr komplexe Kamerafahrten genießen.

Doch das Wichtigste ist, dass dieser Film wunderbar unheimlich ist, dass mindestens die Hälfte des Kinos - und auch ein paar Männer - dauernd hinter der Vorderlehne in Deckung gehen und wie im Herbstwetter draußen ein Schauer dem anderen folgt. Schade, dass in der deutschen Version die Synchronisation um Sekundenbruchteile neben den Lippenbewegungen liegt.

Michelle Pfeiffer hat endlich mal wieder ein gute Rolle: Sie kann herrlich entsetzt und uneitel aus der Wäsche schaun, sieht gar bald selber aus wie ein Gespenst - der Tod steht ihr gut! Harrison Ford überrascht, indem er zeigt, was außer "Indiana Jones", dem Präsidenten von "Air Force One" oder dem harten Clancy-Cop noch alles in ihm steckt.

PS: Das Betäubungsmittel im Finale stammt eindeutig aus (der) "Anatomie". Hat sich Zemeckis etwa von einem deutschen Film inspirieren lassen?


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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