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Gelobt sei Gott

Frankreich 2019 (Grâce à Dieu) Regie: François Ozon, mit Melvil Poupaud, Denis Ménochet, Swann Arlaud, Éric Caravaca, François Marthouret 137 Min.

Der Fall des Paters Bernard Preynat, der 2016 wegen sexueller Übergriffe auf rund 70 Jungen angeklagt wurde, sorgte in Frankreich für viel Wirbel. François Ozon porträtiert in „Grâce à Dieu“ die mittlerweile erwachsenen Opfer und zeigt ihre lebenslangen Verletzungen. Die Versuche des Systems Kirche, dies alles zu vertuschen, werden in einer ausführlichen Spielfilmhandlung vorgeführt. Der großartige Regisseur Ozon („8 Frauen“, „Unter dem Sand“, „Swimming Pool“) stellt in seinem bislang konventionellsten Film die Kunst für eine notwendige und bewegende Anklage zurück.

Alexandre ist ein wohl situierter und gläubiger Vater aus Lyon. Als er zufällig erfährt, dass der Priester, der ihn in seiner Pfadfinderzeit vergewaltigt hat, immer noch mit Kindern arbeitet, wird der angesehene Katholik aktiv. Er sucht andere Opfer von damals auf und wendet sich an den Kardinal Barbarin. Wie immer fühlt sich die Kirche nach langem Kampf unheimlich gnädig, wenn sie die Verbrechen intern vertuschen will. Der französische Titel „Grâce à Dieu“ (Gelobt sei Gott) entfuhr dem Kardinal, als er hörte, dass die Taten Preyats verjährt seien! Man wird bei Zusehen zunehmend wütend.

Ein Verein, in dem andere Betroffene die Hauptrolle von Alexandre übernehmen, sammelt immer mehr Aussagen von Vergewaltigten. Doch es geht weiter gläubig durchs kirchliche Jahr, ohne dass juristisch etwas passiert. Filmisch ist „Gelobt sei Gott“ einfach chronologisch und stringent. Es ist das Protokoll einer wichtigen und gelungenen Aktion ohne übliche Film-Dramatisierung. Die (wahren) Schicksale mit epileptischen Anfällen oder einer Penis-Verkrümmung in Folge der Verbrechen Preyats sind schockierend genug.

Wenn der Vergewaltiger das mittlerweile erwachsene Opfer beim gemeinsamen Gebet während einer internen Mediation wieder anfasst, ist dies einer der Momente, der extrem unsensibles Verhalten – weit hinter dem Stand der Wissens um Traumbewältigung – bloßstellt. Die gute und notwendige Anklage „Gelobt sei Gott“ erhielt im Wettbewerb der 69. Berlinale einen Silbernen Bären.


Ein FILMtabs.de Artikel