Tief wie der Ozean

USA 1999 (The deep end of the ocean) Regie Ulu Grosbard, 105 Min. FSK ab 6.

Beth Cappadora (Michelle Pfeiffer) fährt zwar mit dem Volvo und ihren zwei Kindern zum Abschlußtreffen, aber vor allem kann auch ein Volvo nicht schützen: Nach 10 Minuten ist ein Kind weg und die Tragödie da. Es dauert noch fünf weitere Minuten, dann wird geheult und geschrien bis auch der tiefste Ozean gefüllt ist. Trotz enormen Aufwand an Polizei und Publizität wird Ben nicht mehr gefunden. (Wenn das die Belgier sähen, bei denen die Polizei scheinbar eher den Entführern hilft - siehe "Pure Fiction".) Beth schleppt fortan Schuldgefühlen herum, der übriggebliebene Sohn wird zum Quertreiber, die Ehe fällt auseinander und die Handlung schleppt auch schwer an dem Leid.

Neun Jahre später sind sie dann doch in eine andere Stadt gezogen, Pat Cappadora (Treat Williams) macht sein Restaurant auf, und Beth kriegt eine recht gute "Imitation eines Lebens" zustande, wie die psychologisch aufmerksame Polizistin Candy (Whoopi Goldberg) treffend bemerkt. Dann steht Ben plötzlich wieder vor der Türe. Sam, wie er jetzt heißt, wurde entführt, doch die Schuldige ist längst tot und alles wäre für Ben und seinen Pflegevater ganz normal, wenn die Gesetze in nicht zu den Fremden verfrachteten, die seine eigenen Eltern sind. Mutter Michelle P. hat damit das gleiche Problem, wie die Affenmutter von "Tarzan", wie wir demnächst in Disneys neuem Zeichentrick sehen werden: Affenliebe halt.

Nach einer flotten ersten halben Stunde mit gutem Wechsel von wortlosem Erzählen und emotionsgeladenen Momenten ist dies endlich der psychologische Clou des Film. Ben oder Sam - diese Frage könnte ähnlich spannend gestaltet werden wie Schwerte oder Schneider, "Sommersby" oder Nicht-Sommersby ... Doch die Kamera fokusiert unerschütterlich auf die Tränensäcke von Michelle Pfeiffers und der Film schickt Ben/Sam noch ein paar mal hin und her, bis er mit Hilfe von Super-Mutter Michelle diese mittlerweile psychopathische Familie unter dem Basketballkorb vereinigt. Schade, dass hier wieder alles dem grossen Götzen Sentiment geopfert wurde.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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