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St.Pauli Nacht

BRD 1999 (St.Pauli Nacht) Regie Sönke Wortmann, ca. 100 Min.

Lange hat man sich gewünscht, daß der deutsche Film mal etwas anderes als das peinliche Komödieneinerlei bietet. Nun passiert eine Menge, man sieht aber auch, daß formale Variation (brillant: "Lola rennt", exzellent: "Bin ich schön?") allein nicht reicht.

"St.Pauli Nacht" ist eine dieser typischen, ereignisreichen (Film-) Nächte mit vielen schillernden Nachtgestalten: Johnny (Benno Führmann als Sonnyboy mit Schnurrbart) ist gerade aus dem Knast und freut sich auf den Abend mit Steffi, als ihn eine Morddrohung erreicht. Hat er etwa noch eine Rechnung mit alten Kumpanen offen? Der Postbote (Armin Rohde) entdeckt derweil zugleich, daß seine Wohnung ausgeraubt und seine Frau ihm untreu ist. Es folgt ein kraftvolles Voll- und Amoklaufen bis zur einer dieser Katastrophen, die immer wieder Schnittstellen der Handlungsstränge sind. Auch der taxifahrende Rastaman Bobby (Viva II-VJ Ill-Young Kim) befördert einige Geschichten wie das dauerstreitende Ehepaar. Der zu gutmütige Mukibuden-Trainer findet doch mal eine Frau, ein devoter, kleiner Spitzel versucht im Auftrag des wirklich üblen "Brilli" (Christian Redl) etwas über Johnny herauszubekommen. Auch zwei Kids treiben sich in der Nacht herum, beobachten die Ereignisse und kreuzen die Wege anderer Protagonisten. Die Handlung wechselt nun von einem zum anderen, springt in der Zeit vor und zurück - auch sie kennt "Pulp Fiction".

Es ist Vollmond ("So sind die Tage und der Mond"). Ein besonderes Kribbeln, ein leichter Wahnsinn unter der Haut ist aber keineswegs zu spüren. Die Zeit verfließt mit unspektakulärer Zerstreuung, von der nicht viel zurückbleiben wird. Höchstens beim Amoklauf Armin Rohdes schnappt die Begeisterung richtig zu, da passiert was, da überschlägt sich die Handlung wenigstens ein, zwei Mal.

Mit viel Lokalkolorit in den Dialogen versuchte Wortmann Leben in das St.Pauli-Viertel zu bringen. Der Zungenschlag im Kiez, die Kölsche Rita, der simple Friese, die Schnauze der Gauner, der Slang der Kids, auch Lauterbach kölscht im Kurzauftritt herum. Alles ganz nett, aber so richtig rüber kommt da nichts.

Die ganze Geschichte wirkt leidenschaftslos gefilmt. Wie ein Musterband für eine Bewerbung: Jemand zeigt, dass er Filme machen kann, aber die Vorführung fühlt sich sehr uninspiriert an. Zu kurz gekommene "Short Cuts". Es sollte nicht jeder probieren, Altman-Filme zu drehen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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