Short Cuts

USA 1993, Regie: Robert Altman, 189 Min.

Wenn es nach einem Film unheimlich interessant, aber doch rechtschwierig ist, die Geschichten der vielen Figurennachzuerzählen, kann es am dramaturgischen Prinzip der 'multicharacter form' liegen. Mit ihm arbeitete der Regisseur Robert Altmanschon 1974 bei "Nashville": "Ich habe vierundzwanzig agierendeFiguren, und wenn es mich langweilt, was einer sagt, dann mache icheinen Umschnitt auf einen anderen, komme später zurück undnehme die erste Figur wieder auf." "Short Cuts" zeigt einen angenehmundramatischen Ausschnitt des Lebens in Los Angeles. Altmanbündelte neun Kurzgeschichten und ein Gedicht von Raymond Carverzu Beobachtungen von Menschen in deren 'Aquarien'. Doch allesumschließt der - bei Altman zutreffende - Satz "Die Figuren in'Short Cuts' sind Menschen ... Ich liebe sie alle."

So sind die über drei Stunden "Short Cuts" zu kurz. Siefließen vor den Beobachtern hinweg, wie ein ruhiger Fluß,in dem sich in einer Szene drei Anglern allerdings eine Frauenleichepräsentiert. Die Männer lassen ihr Wochenende jedoch nichtvom seltsamen Fund trüben. Erst eine Verwechslung, Tagespäter vor dem Foto-Shop, ruft Entsetzen hervor: ZweiFreundinnen entdecken die im Foto festgehaltene Wasserleiche, derAngler hingegen sieht auf den vertauschten Bildern ein blutiggeschlagenes Gesicht. Nur wir wissen, daß es sich um die Arbeitdes harmlosen Maskenbildners Bill Bush handelt. Daß gerade Billin dem alle Figuren vereinigenden Finale dem Tod ins Angesichtblickt, entspricht dem erschütternden Humor der "Short Cuts".

Mit Leichtigkeit lotet Altman die menschlichen Untiefen seines'Aquariums' aus: Tod, Eifersucht, Sex, Liebe in ungewöhnlichenund nie trivialen Variationen. Jack Lemmon hat einen beklemmendenGast-Auftritt als Großvater eines lebensgefährlichverletzten Jungen. Tom Waits kämpft mit dem Alkohol, PeterGallagher richtet als Pilot Stormy Weathers einige Verwüstungenan. Jennifer Jason Leigh wechselt beim Telefonsex die Windeln ihrerKinder: "Uuh, mein Höschen ist ganz feucht." Ansonstenschöpft Altman für die Figuren aus seiner 'RepertoryCompany': Vertraute Gesichter, die auch in den Filmen derAltman-Schüler (Allen Rudolph, Tim "Bob Roberts" Robbins) wiederauftauchen. Komplettiert wird das Ensemble durch die Musik MarkIshams, einige Cello-Stücke und sowie Jazz-Songs, von denMitspielerinnen Lori Singer und Annie Ross interpretiert.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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