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Ein neuer Tag im Paradies

USA 1998 (Another day in paradise) Regie Larry Clark

Kids 2

Der reife Fotograph Larry Clark sorgte mit seinen desillusionierenden "Kids" für umstrittene Furore. Jetzt gibt er zwei Kids aus zerrütteter Familie in die Obhut passender Erwachsener - alle sind Gangster und Junkies. Moralisch ist schon nach wenigen Szenen alles verloren. Schlafwandlerisch raubt Bobbie einige Automaten aus und ersticht den Wachmann. Mord entrüstet oder erschüttert nicht - einzig Blut und blaue Flecken auf dem Calvin Klein-Körper sind schrecklich!

Ein sogenannter Onkel Mel (James Woods) flickt Bobbie wieder zusammen und nimmt den Jungen unter seine Fittiche. Statt Rabeneltern eine diebische Elster als Onkel! Gemeinsam mit ihren Freundinnen Rosie und Sid (Melanie Griffith) geht es im Cadillac auf Diebes- und Drogentrip. Eine Weile läuft alles glatt, bis der konventionelle Umschwung zu Gewalt, Blut, Streit und Pech erfolgt. Rosie stirbt an einer Überdosis - was sagen soll: an einer Unterdosis Aufmerksamkeit und Liebe, denn Bobbie mußte "zur Arbeit".

Es hätte von den Klamotten und der Story her ein kleiner Scorsese werden sollen, ein "Casino" aus dem Ausverkauf. Letztendlich sind alle gewöhnliche Diebe. Wäre etwas Besonderes gewesen, im Jahrzehnt des gestylten Gangstertums, des zynisch-witzigen Mordens und üppigen Blutvergießens. Doch diese gar nicht neuen Tage im Auto und Motel haben nicht die Schärfe des Blicks, um Außergewöhnliches im Gewöhnlichen herauszuleuchten. Der Ablauf ist sehr konventionell, wie bei jedem anderen Standard-Hollywoodfilm. Da hilft das Gewackel der Handkamera, das obszöne Gerede oder das entdeckungsarme junge Schauspiel nicht drüber hinweg. Machte die extrem nahe Kamera bei "Kids" noch Sinn, fehlt ihr jetzt ein lohnenswertes Objekt.

Wie die Kostüme der 70er wirkt alles unecht. Es ist blamabel, aber der Film kann tatsächlich nicht begreiflich machen, wie ein paar Leichen mehr den Figuren etwas ausmachen sollen. Betont wird, daß der Umschwung bei Mel durch die falsche Droge herbeigeführt wird: Der Alkohol macht ihn aggressiv und läßt unüberlegt handeln! James Wood produzierte sich selbst, deshalb konnte ihn wohl niemand vom reizlos routinierten Aktieren abhalten.

Begleitet wird der mißglückte Film von Blues-Musik, die höchstens zur Landschaft, aber nicht zum Film paßt. Wieder zeigt Clark gerne nackte, junge Körper. Mal hell und rein, mal von Einstichflecken übersät. Dazwischen leere Blicke auf Fernseher die rauschendes Nichts zeigen. Nur Melanie Griffiths Sid(ney) kann ein wenig fesseln, weil sie aus Liebe dabei ist und ihr klügerer Kopf es eigentlich besser wüßte.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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