The Kingdom II

Dänemark 1997 (Riget II) RegieLars vonTrier, Morten Arnfred, 286 Min.

Larsvon Trier, der bislang mit jedem neuen Werk überraschte undselbst seine Fans provozierte, realisierte mit "The Kingdom II" dieFortsetzung seiner erfolgreichen Krankenhaus-Serie. Nach demFestivalerfolgen der ersten Staffel (Venedig, Rotterdam und Berlin1996/97) starteten die neuen Folgen 5-8 direkt mit einerFestivaltournee (Venedig, Genf, New York) bevor sie Ende Oktober imdänischen Fernsehen liefen. ARTE hat die deutschen TV-Rechteerworben und plant eine Ausstrahlung im Frühjahr 1998.

Das Werk des noch jungenvonTrier - das "von" legte sich der raffinierteGeschichtenerzähler zum Eintritt in die Filmschule zu - warbislang eine ununterbrochene Folge cinematographischer Glanzlichter:Nach dem Paukenschlag und Festivalerfolg "The Element of Crime"(1984) war der einfach produzierte und doch schockierende "Epidemic"(1987) nur vereinzelt zu sehen. In "Europa" (1991) trieb von Trierkunstfertige Kamerakapriolen, die einigen allerdings zu glatterschienen. Dann kamen 1994 die "Geister"(so der TV-Titel von "Kingdom") und der sprunghafte, im Detaildiskontinuierliche Stil aus Reality-TV und überdrehten TV-Serienließ ihn auch bei seinem nächsten Kinofilm"Breaking the Waves"(1996) nicht mehr los. Schon 1988 schuf er mit "Medea" für dasFernsehen faszinierende Licht- und Schattenwelten, tauchte denmythischen Stoff in seinen eigenen, wassergetränken Stil ein.

"The Kingdom II" (dänischer Originaltitel: Riget II)entwickelt seine skurrilen Ereignisse erneut aus dem Gegensatzzwischen alten Mythen und aufgeklärter Wissenschaft: Dasdänische Reichskrankenhaus, Riget, wurde auf dem Boden sumpfigerFärberteichen erbaut. Aus jüngeren Gründen derVergangenheit geistert ein Opfer medizinischer Menschenversuche inGängen und Aufzügen des Krankenhauses herum. Die alte FrauDrusse ließ sich immer wieder einweisen, um diesemGeistermädchen zu helfen. Der damalige Experimentator AageKroger (Udo Kier) wurde am Ende der ersten Staffel als geisterhaftempfangene Frucht der Ärztin Judith (Birgitte Raaberg)wiedergeboren. Gleichzeitig drang eine ganze Schar von Geistern insKrankenhaus ein.

Zwischen der ersten und zweiten Staffel von "Kingdom" drehte derDäneLars vonTrier den in Cannes preisgekrönten Kinofilm"Breaking the Waves".Während sich ein unruhiger Handkamera-Stil und die szeneninternsprunghafte Montage in dem Film fortsetzte, beeinflußte dessenteilweise besinnliches Sujet wiederum die Stimmung derTV-Fortsetzungen. Die Geisterzeugung wächst sagenhaft rasantheran zum monströsen Säugling Lillebror (Kleiner Bruder,gespielt von Udo Kier). Seine Szenen sind erfüllt vonSentimentalitäten, die stark aus dem ansonsten absurden undsatirischen Umfeld der Grusel-Komödie herausfallen. Lillebrorist das umkämpfte Ziel der guten und bösen Mächte.Denn eine Inflation der Geister überflutet "The Kingdom II",wobei jetzt zwischen Geistern und Dämonen zu differenzieren ist.Aage Kroger verkörpert den Teufel. Der ewige Kampf zwischen Gutund Böse spielt sich nun auch im Reichskrankenhaus ab - eindeutlicher Rückfall in bekannte Standards. Genau das ist zwarein Prinzip von Serien, "Kingdom" hob sichaber - wie auch "Twin Peaks" - durch seine parodistische Reflexionder Serienware intelligent und humorvoll von dieser ab.

"The Kingdom II" spart nicht mit absurden Wendungen: Die Wandlungdes gespenstigen Krankenwagens aus der ersten Staffel zu einemwirklichen Geisterfahrer sei hier nur angedeutet. Stig Helmer(Ernst-Hugo Järegård), der dänenhaßende,schwedische Arzt skatet mit Rollskiern durch die Gänge undführt intensive (Selbst-) Gespräche mit derKloschüssel. Irgendwann läßt er den Eingang zu seinemBüro verengen, damit kein Patient mehr hereinkommt, wird aberspäter selber unter dieser Maßnahme zu leiden haben. Derbislang vernünftige und sehr positive Stationsarzt wandelt sichnoch einem Giftanschlag Helmers zum Zombie. Es gibt reichlich Spottüber die weißen Götter (eine neue Geheimsprache,"falls die Patienten Latein verstehen könnten"), einenkaribischen Wunderheiler, der mühsam im Selbstversuchgroßgezogene Krebsgeschwüre im Vorbeigehen entfernt. DerÄrztefehler-Fall des Mädchens Mona entwickelt sichgespenstig. Auch Erinnerungen an den erschreckenden Hypnose-Traum in"Epidemic" werden geweckt, einige (Bilder-) Rätsel sind zulösen. Die tägliche Lagebesprechung ist ein einziges,absurdes Fallenlassen von Themen - sind hier vielleicht unserePolitiker gemeint? Zusätzlich droht dem Chaos eine Inspektiondes Gesundheitsministeriums, wobei der zuständige Ministergerade selbst in Behandlung ist. Viele Kabinettstückchen wieeine Verfolgungsjagd unter der Maxime der Langsamkeit machen "TheKingdom II" zu originellen Unterhaltung.

Der Stil der Serie blieb gelb, dreckig, verwackelt und hektisch.Doch die Schnitte wurden zunehmend ruhiger. Vielleicht einEinfluß von Ko-Regisseur Morten Arnfred, der in"Breaking the Waves"schon AssistentvonTriers war. Die letzte Folge scheint dann überhastet dievielen Erzählfäden auf ein Ende zu trimmen. Aber nach demüberaus offenen Finale in dreisteterCliffhanger-Tradition ist nureines klar: Die erfolgreiche Beschäftigungs-Maschinerie fürdänische Filmkunst "Kingdom" wird in die dritte Runde gehen.

Günter H. Jekubzik

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Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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