Cliffhanger - Nur die Starken überleben

Erstaufführung (Cliffhanger) USA 1992, R: Renny Harlin, 112 Min.

Von Günter H. Jekubzik

Der Action-Film "Cliffhanger", mit "Jurassic Parc" und "Last Action Hero" die große Sommerhoffnung der amerikanischen Filmindustrie, startet Donnerstag in Deutschland. Sylvester Stallone schrieb am Drehbuch mit, spielte die kampfbetonte Hauptrolle und der "Stirb Langsam"-Regisseur Renny Harlin inszenierte das eiskalt spekulierte Spektakel.

In einer anfangs packenden, und dann als der Griff der Spannung nachläßt, niederschmetternden Szene wird Gabe Walker schuldig. Doch er muß nicht lange am tief leidenden Gesicht tragen, das bei Sylvester Stallone ohnehin komisch wirkt: Eine Gruppe Gangster stürzt mit ihrer Beute im Gebirge ab und Gabe rauft sich mit dem ehemaligen Freund Hal zusammen, der ihm immer noch die Verantwortung für den Tod seiner Freundin anhängt. Mit John Lithgow als exzellenten Oberschurken Eric Qualen und Janine Turner als schönes Opfer Jessie Deighan sind die Rollen verteilt und das Spektakel spult sich wie erwartet ab.

In "Cliffhanger" hängt fast alles an Fäden und Leinen, die zum Zerreißen gespannt sind: Bei der Überwindung eines tödlichen Abgrundes, beim 'Umsteigen' zwischen zwei Flugzeugen, bei der Flucht vor einer riesigen Explosion. "Gravity is a bitch" (Schwerkraft ist eine üble Sache) lautet das flapsige Motto eines Films, in dem die Gegner in mörderischen Kämpfen nie den Abgrund nebenan vergessen dürfen.

"Cliffhanger" machte aus den italienischen Alpen die Rambo- und Rocky-Mountains, brach das Schweigen der Berge mit Explosionen, Funkverkehr und Helikopterdröhnen auf. In diesem anderen Bergfilm liegen die Traditionen von Luis Trenker und Arnold Fanck verstaubt in der Museumshütte. Der Berg ist in Elektrogehirnen gespeichert, Monitore zeigen jeden Winkel auf, jeder Ort ist erreichbar. Die Kletterhaken werden nicht mehr eingehämmert, sondern mit Pistolen plaziert, Nachtsichtgeräte machen alles offensichtlich und die Schönheit von Stalaktiten reizten die Autoren nur als perfides Mordinstrument. Action zu Wasser, zu Lande und in der Luft: Die Natur als Kirmeskulisse ist Grundlage für eine höllisch schnelle Schlittenfahrt mit dem Adrenalin des Publikums. Auf der Strecke geblieben ist der Berg als bedrohlicher, übermächtiger dramatischer Faktor. Er ist austauschbare Szenerie in einer Reihe mit Dschungel-Landschaften (Rambo II), Flughäfen (Stirb Langsam), Schlachtschiffen (Alarmstufe Rot) oder Flugzeugen (Passagier 57). Als Konstante zeigt sich der Kämpfer im Träger-Shirt: Selbst im ewigen Eis, schafft es das Vorbild Stallone, sich im Vietnam-Look zu zeigen.Im Gegensatz zur medienspezifischen Bedeutung des Begriffes 'Cliffhanger', wird die Spannung nicht durch geschickte Dramaturgie über ruhigere Phasen hochgehalten. ('Cliffhanger' bezeichnet eigentlich die unaufgelöste Schlußszene bei Serienfilmen - eben den vermeintlich hoffnungslos am Felsrand Hängenden, der dort bis zur nächsten Fortsetzung ausharren muß.) Der moderne "Cliffhanger" von Renny Harlin türmt spannungsgeladene Momente übereinander und läßt sie wie eine Lawine undifferenziert auf das Publikum niederrauschen. Die auflockernden Scherze liegen auf höchstem Niveau - mindestens 1300 Meter über dem Meeresspiegel. An der Lust am Töten, an der banalen Motivation der Jagd nach Geld läßt sich kritteln, doch für solche Ansprüche ist "Cliffhanger" nicht gedacht. In den USA wurde "Cliffhanger" erbarmungslos von den Dinosauriern des "Jurassic Parc" niedergetrampelt. Nach zwei Wochen lief nichts mehr in Sachen Zuschauer und jetzt hängt das Action-Gestöber bei ungefähr siebzig Millionen Dollar Einspielergebnis.


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