Keiner weniger

China 1999 (Yi ge dou bu neng shao) Regie Zhang Yimou, 106 Min.

Einfach überzeugend! Dass die Betonung dabei auf "einfach" liegt, ist das Überraschende an den beiden aktuellen Filmen des bekannten chinesischen Regisseurs Zhang Yimou. Mit den großartigen, farbenprächtigen Historienschauspielen "Rotes Kornfeld", "Judou" und "Rote Laterne" wurde Zhang Yimou berühmt. Doch seit seinem nur anscheinend historisch unpolitischem Film "Rote Laterne", der kurz nach dem Massaker am Platz des himmlischen Friedens entstand, mußte Zhang Yimou bei "Leben", "Die Geschichte der Quiju" und "Shanghai Serenade" immer wieder mit den Zensurbehörden kämpfen.

Nun drehte er mit verhältnismäßig wenig Aufwand - und amerikanischen Produktionsgeldern! - zwei Filme rund um chinesische Dorfschulen. "Heimweg" und "Keiner weniger", der in Venedig den Goldenen Löwen gewann: Eine 13-jährige Aushilfslehrerin soll für einen Monat den alten Lehrer vertreten. Die äußerst bescheidenen Verhältnisse in der Bildung zeigen sich anhand der rationierten Kreide. "Mache deine Schriftzeichen an der Tafel nicht größer als die Haufen der Esel," empfiehlt der Lehrer. Die Armut bringt es mit sich, dass immer mehr Schüler dem Unterricht fern bleiben, um zu arbeiten. Aber das schüchterne Mädchen mit den roten Wangen hat sich das Gebot des Vorgängers zu Herzen genommen, keinen der nur noch 28 Schüler aufzugeben: Nicht einer weniger soll nach seiner Rückkehr anwesend sein. So folgt sie einem Jungen unter größten Entbehrungen in die fremde Stadt, obwohl der immer besonders renitent war. Ein unmögliches Unterfangen für solch ein Mädchen vom Lande, wie immer betont wird. Doch mit bewundernswertem Durchhaltewillen, mit unbedingtem Einsatz erreicht sie beinahe märchenhaft ihr Ziel.

"Keiner weniger" erzählt wie in vielen iranischen Filmen eine ganz einfache Geschichte aus der Sicht eines Kindes. Und das ist packender als lautes Actionkino. Zhang ist nicht überraschend ein erklärter "Fan" der Filme des Iraners Abbas Kiarostami. Es ist eine herzliche Geschichte, die eher aufgesetzt auch betont, , wie wichtig Schule und Bildung für Kinder sind. Wie schon immer stehen Frauen bei Zhang Yimou zentral und wie alle großen Meister des Kinos kann er mit der großen wie mit der kleinen Form begeistern. Das poetische Schlußbild mit eine fröhlichen Kinderschar und einer Tafel voller bunter Schriftzeichen prägt sich nachhaltig ein.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo