Rote Laterne
Hongkong/China 1991 (Dahong Denglong Gaogao Gua) Regie Zhang Yimou, 125 Min.
Von Günter H. Jekubzik
"Bringt die Rote Laterne!" - Dieser Ruf des Zeremonienmeisters beim allabendlichen Hofappell der Ehefrauen Eins bis Vier entscheidet, in welchem Bett der Meister die nächste Nacht verbringen wird. Die Gunst des Mannes bestimmt den Rang der Frau in der abgeschlossenen Minigesellschaft. So entwickelt sich zwischen den abgetrennten Höfen der Gattinnen ein brutales und blutiges Ränkespiel.
"Rote Laterne" ist wie schon "Rotes Kornfeld" und "Ju Dou" ein Farbfilm des Chinesen Zhang Yimou. Nuancen des Rot erzählen die Geschichte eindrucksvoller als die Handlung. Anfangs ignoriert die junge Songlian ihre prunkvolle, rote Hochzeitstrage. Sie geht mit weißem Hemd, schwarzer Hose und einem Koffer in der Hand selbständig den Weg in eine Ehe. Geldmangel der Familie zwang sie zu diesem Schritt. Im Haus des Gebieters erfährt Songlian, die "Vierte Frau" von alten Traditionen: Wo der Meister sich aufhält, sind Hof und Zimmer mit riesigen roten Laternen erhellt. Wenn er das Bett wechselt, löscht eine Schar von Dienern diese Lichter, um sie im Hof einer der Konkurrentinnen wieder rituell zu entzünden.Die alte "Erste Frau" wird im dunklen, ausgekühlten Rot vorgestellt, während "Zweite Frau" mit dem Gesicht eines Buddha und dem Herzen eines Skorpions nur wenige, kleine Laternen in ihrer Wohnung hat. Nachdem die "Dritte Frau" der neuen Konkurrentin eine Liebesnacht rauben konnte, tritt sie im knallroten Kleid in die Kampfarena des gemeinsamen Speisesaals. Songlians Dienstmädchen Yanr trägt als Ausdruck ihrer Sehnsucht, einmal Geliebte des Herren zu werden, einfache rosa Kleidung.Auf dem Höhepunkt der Ränke sind die Gewänder stark gemustert. Klare Farben fehlen, die Verhältnisse stehen auf der Kippe.Nach dramatischen Ereignissen emanzipiert sich das Rot schließlich von der Gunst des Mannes. Es ist die Farbe eines eigenen Bereichs geworden, sei es als Kleid beim Singen der chinesischen Opern oder als Beleuchtung des Wahnsinns.
Der erfolgreiche Regisseur Zhang Yimou ordnet in der Geschichte eines Jahres seine Figuren streng zentriert an, umgibt sie mit Rahmen aus kalten Steinmauern oder Fluchten aus dunklen Toren, die in der Perspektive immer enger werden. Da auch der Meister fast gesichtslos bleibt, ist die Gewalt nur in diesen Strukturen vorhanden. Bestimmend sind Blicke von oben in die abgeschlossenen Höfe, in denen in Zhang Yimous letzten Film "Ju Dou" noch die gefärbten Tuche leuchteten, noch Liebesfreuden außerhalb des Kontrollblicks der Gesellschaft möglich waren.
Nicht nur farblich entwickelt Zhang Yimou eine eigene, faszinierende Symbolsprache. Eifersucht ist, wenn das klingende Geräusch der Hämmerchen zur stimulierenden Fußmassage aus einem der anderen Höfe schallt und die vernachlässigten Füße Songlians sich sehnsuchtsvoll winden. Das laute, harte Ausblasen der Laternen macht den Liebes-Verlust sinnlich erfahrbar - auch für die Ohren des Publikums.
Ohne in plakative Anklage zu verfallen, zeigt Zhang Yimou in einem Wechsel emotionaler und distanzierter Szenen erneut eine ebenso kunstreiche wie ergreifende Frauengeschichte. Auf einer Vorlage von Su Tong basierend, wurde "Rote Laterne" als einer von fünf ausländischen Film für den "Oscar" nominiert.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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