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Idioten

Dänemark 1998 (Idioterne) Regie, Buch, Kamera Lars von Trier, 117 Min.

Verrückt!

Lars von Trier, ehemaliger Gewinner der Goldenen Palme für "Breaking the Waves", ist mittlerweile eine bekannte und anerkannte Größe in der Filmwelt. Was zum Glück nicht davor schützt, alles Bekannte und Anerkannte über den Haufen zu werfen, zu schockieren, zu irritieren und auch zu berühren.

Eine Gruppe junger Leute will "den Idiot in jedem selbst" herauslassen, spielt behindert in der Öffentlichkeit und in ihrem Landhaus außerhalb Kopenhagens. In gezielten Aktionen brechen die "Idioten" ins bürgerliche Leben ein, veralbern Rücksicht, provozieren Ablehnung. Die schüchterne, verklemmte Karen (Bodil Jorgensen), deren mitleidsvolle Annäherung an zwei vermeintlich Behinderte, einen ersten, folgenreichen Kontakt bedeutet, führt uns bei den Idioten ein. Irritiert und fasziniert begleitet sie den wilden Haufen, fängt bald auch an, idiotisch zu spielen. Ein weiterer Schritt, mit sanftem Druck von Stoffer (Jens Albinus), dem Leiter der Gruppe durchgesetzt, fordert, daß man auch im Kreis der Familie oder auf der Arbeit "den Idioten rausläßt". An diesen Versuchen zerbricht die Gruppe, wie eingeschnittene Kommentare von ehemaligen Mitgliedern nacherzählen. Aber die abschließende Konfrontation von Karen mit ihrer Familie stellt die Maßstäbe erneut auf den Kopf: Diese Familie scheint von allen guten Geistern verlassen und man sehnt sich plötzlich wieder die Geborgenheit der "Idioten" herbei.

"Das kann man doch nicht machen!", ist eine erste Reaktion auf die "Idioten". Es wird nicht der letzte heftige Reflex auf diesen schwer faßbaren Films sein ... Wenn seine Filme eine Moral hätten, dann würden die "Idioten" die Mißachtung von Behinderten bloßstellen, meinte von Trier. Doch richtig ernstnehmen sollte man weder diese Aussage noch den mit kleinem Budget und viel Einsatz der Darsteller gedrehten Film. Wie "Festen" von Thomas Vinterberg und "Mifune" ist "Idioten" Teil der Dogma-Aktion, die auf viele filmische Mittel wie Kunstlicht, Filter oder Filmmusik verzichtet. So liefert "Idioten" grobkörnige Bilder von Hi8-Videokameras, keine filmische Eleganz und viel stilfreie Direktheit. Trotz dieser anscheinenden Abwesenheit von Kunst und der irritierenden Handlung lassen einen die groben mal zärtlichen "Idioten" nicht los. Dabei verstören nicht so sehr die extrem offenherzigen Sexszenen, sondern einfache Momente, die mit ihrer ungekünstelten Nähe zum Leben faszinieren.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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