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Ausnahmezustand

USA 1998 (The Siege) Regie Edward Zwick, 116 Min.

Clinton selbst sagt den "Terroristen" erstmal, daß es so nicht weitergeht ... Nein, es geht nicht um die erste Verfilmung von Monica-Gate. "Ausnahmezustand" ist über eine lange Strecke die x-te Variante des Räuber und Weltpolizist-Spiels der US-Amerikaner. Daß sich die Perspektive irgendwann radikal ändert, gehört zu den vielen Irritationen, die ein genaueres Hinsehen erfordern.

Eine Attentatsserie läßt New York aufschrecken, ein großes Premierenkino am Broadway und selbst das FBI-Hauptquartier werden Ziele der Anschläge. (Zum Glück haben die Agenten alle Mac-Powerbooks und können mobil weiterarbeiten ;-). Die Bemühungen des FBI unter Anthony Hubbard (Denzel Washington) führen nur scheinbar zum Erfolg. Unverständliche gegnerische Taktiken erfordern die Hilfe der recht zwiespältigen CIA-Agentin Sharon Bridger (Annette Bening). Auf jeden Fall stecken Araber hinter den mörderischen Bomben, deshalb läßt General (Bruce Willis) alle arabisch aussehenden Männer eines Stadtteils in Football-Stadien kasernieren. Doch die Verteufelung aller Moslems kippt plötzlich um, die gesamte Bevölkerung solidarisiert sich, rettet die Ausgegrenzten stellvertretend für die amerikanischen Grundrechte ...

Der Actionfilm mit einigen Häppchen Verfassungs-Didaktik bietet im ersten Teil die übliche Hetze gegen alle angeblich terroristischen Gegner der USA. Es ist eine üble Argumentationsmaschine für amerikanische Bombardements und Kriege. Dabei aber auch zwiespältig, denn im Detail läuft diese Maschinerie nicht so glatt wie etwa "Starship Troopers". Im "Ausnahmezustand" erscheint es zweifelsfrei, daß die CIA regelmäßig Mist baut, es wird eingestanden, daß man Widerstandskämpfer gegen Hussein das Bombenbauen lehrte und diese im Stich ließ, so daß sie nun ihren Haß in den USA explodieren lassen.

Wenn der Film mit seinen Bomben New York und damit ganze die USA erschüttert, ist er erschreckend gnadenlos. Trotzdem läßt Trotzdem läßt das Werk von Edward Zwick ("Glory", "Mut zur Wahrheit", "Legenden der Leidenschaft") in der ersten Hälfte mit der Suche nach unsichtbaren und damit unpersönlichen Gegnern kalt. Lange Strecken ist das Ganze so uninteressant wie ein FBI-Werbevideo, auf dem alles klappt und fluppt. (Überhaupt ist erstaunlich, daß diesmal das FBI der nette Verein ist, der ja ansonsten immer die filmische Prügel abbekommt.)

Schon früh geht es darum, ob "der Zweck die Mittel heiligt", ob es gut ist, etwas Falsches zu tun, um das Richtige zu erreichen. Hubbard, der in einem Verhör selbst mit Folter drohte, setzt angewidert von den Praktiken der "Hardliner" sein Leben ein, um die Mißstände des Kriegszustandes zu beenden.

Wie die Moral der langen Geschicht' sind auch ihre Verweise überdeutlich: Der Film ist eine Antwort auf Bombenanschläge in Beirut; die Araber werden abtransportiert wie einst die amerikanischen Asiaten nach dem Angriff auf Pearl Harbour. So wie Pinochet Tausende in Stadien festhalten und foltern ließ, gehen jetzt amerikanische Soldaten vor. Der irritierende Anblick vom Truppen in Brooklyn erinnert an den "Kriegszustand", den sich Israel mit seiner unnachgiebigen Haltung gegenüber Palästina ins eigene Land holt. Soll das Publikum auf diese Weise empfindlich für Situationen in anderen Ländern werden?

Neben all den verwaschen politischen Implikationen stört der Film mit vielen, vielen Unklarheiten und Fehlern. Das zentrale Thema wurde mit großem Aufwand auf die Leinwand gebracht. So was fällt meistens grob und holperig aus. Zuviel Absichten, zuviel Plakate, zuwenig guter Film.

PS: Heißt einer der "Terroristen" etwa Samir, weil ein gleichnamiger Filmemacher aus der Schweiz in seinem Kurzfilm "It's just a Job" die amerikanischen Raketenangriffe im 1. Golfkrieg "vorführte"?


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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