Pokémon - Der Film

Japan 1999 (Pikachu's Vacation Ý/ Pokémon: The First Movie) Regie Kunihiko Yuyama, 20/73 Min.

Das Phänomen "Pokémon" stammt aus einem Land, das Technologie tief im Bewusstsein seiner Menschen implementiert hat, was sich immer wieder in deren kreativen Äußerungen zeigt. So stellt sich auch nun der Klon eines Kunstwesens essentielle Fragen: Was bin ich? Wo bin ich? War alles nur ein Traum? Bin ich nur eine Kopie?

Die Antworten: Mewtwo (oder Mewtu wie er eingedeutscht heißt) ist das 150. Pokémon. Die bislang neueste Kreatur einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. 1996 kam ein japanischer Spieledesigner auf die Idee, Nintendo-Konsolen miteinander zu verkabeln, um so "trainierte" Spielfiguren gegeneinander antreten zu lassen und austauschen zu können: Der Stärkere gewinnt und bekommt Figuren vom Verlierer. Die Kombination vom Tamagochi-Prinzip mit dem guten, alten Murmelspiel brachte weltweit sensationelle Verkaufserfolge: Erst als Nintendo-Spiel, dann als Sammelkarten, als Spielfiguren und als Fernsehserie.

Der unausweichliche Spielfilm stellt nichts anderes als die nächste Vermarktungsstufe dar und läutet mit der "Geburt" von Mew eine neue Verkaufswelle ein. "Pokémon - Der Film" ist so nur Werbetrailer für das Pokémon Nr. 151. Nachdem er mit unbändigen Kräften seine gentechnischen Schöpfer in die Luft gejagt hat, will Mewtwo als stärkstes aller Pokémon die Weltherrschaft - auch über die Menschen. Er lädt die besten Pokémon-Trainer, unter ihnen auch die Helden der TV-Serie, zu einem Turnier auf eine Insel, die vorher schon von vielen Bondschurken besiedelt war. Um die Gegner zu testen, beschwört Mewtwo einen Sturm von Shakespearschen Dimensionen heraus. Und genau wie dessen Caliban handelt das irgendwo zwischen Känguru und Katze angesiedelte Wesen voller Haß auf die Menschheit. Aber über allem schwebt ein rosa witziges Etwas - Mew. Das spielerische Prinzip stellt sich gegen den Wunsch nach Weltherrschaft.

Die Handlung besteht aus einer Abfolge schematischer Duelle - wie in "Mortal Combat" oder anderen Filmen, die vom Spielautomaten herstammen. Bis im Finale dann ein großer Friedensappell erklingt. Das ist auch nötig, da es ja im Pokémon-Grundprinzip immer um Konkurrenz und um Kampf geht. Dass die Pokémon nach einer Niederlage nicht tot sondern ohnmächtig sind, ist ideologische Kosmetik.

Das ganze Abenteuer ist merklich im TV-Format gestrickt. Eine eigene Kinodimension, wie sie etwa Manga-Verfilmungen oder "Prinzessin Monoke" aus Japan zeigen, fehlt. "Pokémon" zeigt nur die übliche, aus dem Fernsehen bekannte Animation mit den großen Augen, den ungelenken Mündern, den tapsigen Schritten, die sich nie richtig synchron zum Boden bewegen. Aber darauf kommt es nicht an, das wird keines der Millionen Pokémon-begeisterten Kinder stören. Auch nicht der simple Plot, die banalen Dialoge oder die typisch zirkuläre Dramaturgie von Video- und anderen Konsolen-Spielen.

Ein kurzer Füll- oder Vorfilm schickt die bekannten Pokémon-Figuren in ein Ferienkamp und dient als Einführung für Pokémon-Neulinge. Immer konkurrierend treten viele der sehr phantasievollen Figuren auf, die sich ohne "Trainer" auf einem vorsprachlichen Niveau der Teletubbies bewegen. Von süßen Pflegefällen wie einst die Tamagochis bis zu Kampfmonstern in der Art der Power Rangers ist für jede und jeden etwas dabei.

So ergibt sich eine Kino-Dramatisierung des Sammeltriebes, bei dem wichtig ist, wie viele verschiedene Figuren zum Sammeln angeboten werden. Verkaufstechnisch genial ist, dass über das Thema Gentechnik (im Bild sichtbar durch eine DNA-Doppelhelix-Treppe) direkt die Zahl der Figuren verdoppelt werden kann - man gibt jeder einfach einen bösen Klon, einen von Pokensteins Monster bei!

"Unsere" amerikanische wurde gegenüber der japanischen Fassung stark überarbeitet, unter anderem mit einem sehr poppigen Soundtrack (unter Mithilfe von Christina Aguilera oder Emma Bunton) unterlegt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo