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Wenn der Nebel sich lichtet

USA 1999 (Limbo) Regie John Sayles, 126 Min.

John Sayles kann man zugute halten, dass er so gar kein typisch us-amerikanischer Regisseur ist. Thematisch stellt er sich auf die Seite der Benachteiligten, lässt sich Zeit ("Passion Fish"), plakatiert unumwunden, dass Therapie zwecklos ist ("City of Hope"), dreht auch mal einen Film auf Spanisch, wenn es um die Ausrottung der mexikanischen Indios geht. Dass der sensationelle "Men with guns" denn auch so gut wie nirgendwo zu sehen ist, folgt als traurige Konsequenz eines von den großen Produktionsfirmen dominierten Geschäftes.

Auch "Limbo" (ich bleibe beim prägnanteren Originaltitel) beginnt wieder mit der genauen und aufrichtigen Zeichnung einer abgelegenen Gemeinschaft: In Alaska darben die ehemaligen Fischer in Fischfabriken, die aber auch bald geschlossen werden. Die hoffnungslosen Menschen träumen von besseren Zeiten, während der Film höhnisch ein Touristikvideo zwischenschneidet. Schön mag es hier ja sein, aber das von kurzsichtigen Kommerz-Interessen aus dem Gleichgewicht gebrachte Leben ist unmenschlich hart. Darin: Ein paar Schicksale. Der ehemalige Fischer Joe Gastineau (David Strathairn) mit etwas Hoffnung auf eine späte Liebe. Die tingelnde Sängerin Donna De Angelo (Mary Elizabeth Mastrantonio) verzweifelt an der schwierigen Tochter Noelle (Vanessa Martinez). Die wiederum hat genug von den schnell wechselnden Freunden der Mutter und vom Leben allgemein. Natur pur ist nicht besonders hilfreich bei Noelles schmerzhaften Selbstverstümmlungen.

Das ganze Bündel von Problemen macht sich zu einer Bootstour auf, die sich dramatisch entwickelt und auf einer abgelegenen Insel strandet: Im Limbo, einem Zwischenreich, einem Vorhof der Hölle. Hier verschwindet das Tempo, macht Platz für eine beängstigende, existentielle Szenerie, die auch mit dem Ende des Films nicht loslässt.

Die Schwebe des Titels ergreift den Film zunehmend. Auch wenn Sayles immer wieder mit unterschiedlichen Genres überrascht (etwa mit dem Kinderfilm "Das Geheimnis des Seehundbabys"), "Limbo" entgleitet dem Interesse. Anfangs noch treffende Bilder: Die Touristenscharen wirken fast so ekelhaft wie der nach dem Laichen in Massen verendende Lachs. Dann eine Konzentration auf die inneren Beziehungen, die trotz der abschließenden Parabel der Öffnung nicht durchgängig gelungen ist.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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