Starbuck Holger Meins

BRD 2001 (Starbuck Holger Meins) Regie Gerd Conradt Mit Gretchen Dutschke, Harun Farocki, Thomas Giefer, Wolfgang Petersen, Peter Lilienthal, Michael Ballhaus, Margrit Schiller 90 Min.

Zu den zahlreichen Werken, die - nach einem langen politischen Winterschlaf - in der Literatur, auf der Bühne und im Film endlich die RAF-Zeit aufarbeiten, fügt sich nun "Starbuck Holger Meins". Es ist nach "Black Box BRD" eine weitere Dokumentation, diesmal zum Leben und Sterben von Holger Meins, einem Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe.

Regisseur Gerd Conradt geht der Biographie von Holger Meins an die Wurzeln und findet dabei eine ganze Menge Film: Meins gehörte zum ersten Jahrgang der DFFB, der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, die salbungsvoll von Willi Brandt begrüßt wurde. Zu den Überlebenden, die sich im Film erinnern, gehören der Studienkollege Harun Farocki, der Regisseur Wolfgang Petersen ("Das Boot", "Der Sturm") und der ebenfalls in Hollywood berühmte Kameramann Michael Ballhaus.

Chronologisch lässt Conradt mit seinen Zeitzeugen und vielen Inszenierungsideen die Stimmung gegen Vietnam, die Phase kreativer Proteste aufleben, dann die Radikalisierung bei Polizei und Widerstand, mit einer allseits beklagten Dogmatisierung des an sich künstlerisch offenen Meins. Schließlich die Rückkehr der sensiblen Kreativität im Gefängnis und der Tod in Folge eines Hungerstreiks. Meins war das erste RAF-Mitglied, das in der Haft starb. Wir sehen alte Filme, u.a. von Meins, die selbst gemachten Schah-Masken zu den verbotenen Demonstrationen beim Besuch des iranischen Herrschers in Berlin. Wir ziehen mit Meins in das Wohnexperiment K1 (Kommune 1).

Mithäftlinge gaben Meins den Namen des Steuermannes der Peakock, des Schiffes, das Melvilles "Moby Dick" jagte. Der ehemalige Freund Conradt konzentriert sich auf die Person Holger Meins, die Zeit bleibt im Hintergrund präsent, der Zeitenwandel schleicht sich immer wieder ein. Wenn etwa der in Hollywood arrivierte Wolfgang Petersen während einer Pressekonferenz zu "Der Sturm" beginnt, über die "alten, wilden Zeiten" zu erzählen. (George Clooney sitzt daneben und begreift überhaupt nichts.) Otto Schily kämpfte damals noch für die Freiheiten. Vor allem wegen solcher Verbindungen ist die auch ungemein spannend. Zeitweise hat er eine poetische Kraft, dann wird man furchtbar melancholisch angesichts des geballten politischen Engagements, das heute nicht mehr angesagt ist.

"Starbuck Holger Meins" ist kein Erklärungsversuch für mörderische Taten der RAF. Eher ein Protokoll, dass zu den Zeiten des Terrors sehr zurückhaltend bleibt. Es entsteht nur eine Ahnung, wieso so Unterschiedliches mit Menschen passiert ist, die mit den gleichen Zielen losgezogen sind. Einige sind zu Mördern geworden, einige auf der Strecke geblieben, viele Überlebende nennen sich "Gescheiterte" und einige regieren. Wenn immer wieder heutige Machthaber wie Innenminister Otto Schily oder Außenminister "Joschka" Fischer in den Geschichten und Bildern dabei sind, wird klar, dass ein Nachdenken über diese Bewegung erst gerade am Anfang steht,

Der Film ist dem Vater Wilhelm Meins gewidmet, der ergreifend erzählt, wie er seinen Sohn nach der Verhaftung besucht, ihn am ganzen Körper blutig geschlagen vorfindet.

www.starbuck-holger-meins.de

 


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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