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MichaelChauvistré-Retropektive

Von Günter H. Jekubzik

Das Ludwig Forum zeigt Dienstag und Mittwoch im 'Space' Filme desaus Aachen stammenden Regisseurs MichaelChauvistré. Ostsee-Fischer, eine historische Wende ausSicht eines Rentnerpaares, eine Kommune in "Klein Hundorf" sind dieThemen seiner Dokumentationen der letzten Jahre. Nach einemGeschichts- und Philosophiestudium, nach Regieassistenzen an Theaternin Zürich und Konstanz sowie einem weiteren Studium an derHochschule für Film und Fernsehen in München begann der1960 in Aachen geborene Chauvistré seine offizielleFilmographie mit zwei kurzen Spielfilmen, "Eine zufälligeBegegnung" (1989) und "Amore" (1990). Seine Konzentration auflebens-bedeutende Dialoge ließ den Beinahmen "kleiner Rohmer"aufkommen.

Doch mit der Öffnung der innerdeutschen Grenze war einanderer MichaelChauvistré zu entdecken: Seine Dokumentation "Malsehen, was draus wird" begibt sich in den familiären Kreisder Familie Sack aus Lübzin, um ein gelungenesAtmosphäre-Bild der ersten freien Wahlen im Osten Deutschlandsaufzunehmen. "Malsehen, was draus wird" erhielt auch völlig zu recht bei den37. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen 1990 eine besondereErwähnung der Jury. Als Fortsetzung folgte 1992 "DieZeit, die läuft": Ein Jahr nach den Wahlen erlebt dieFamilie Sack einen veränderten Alltag, mit durchaus typischenSituationen und Bildern für den Umbruch in den fünf neuenLändern. Diese 'Chauvistré-Klassiker' sind am Mittwoch um20 Uhr im Space zu sehen. Mit seine drei neuesten Filmen, dieMichael Chauvistréauch über seine Arbeiten als Kameramann finanzierte,porträtierte er exemplarisch Leben in den neuenBundesländern, etablierte er sich als eine Art"Landes-Schreiber" mit der Kamera fürMecklenburg-Vorpommern. "Wenn dich keiner sieht undkeiner hört" stellt einfache Fragen an wortkarge Menschen derOstsee-Insel Poel. Es gibt weniger Fische, aber nicht erst seit derWende. Ein einfallsreicher Ex-Fischer, räuchert nicht nur Aale,sondern auch Eier. Deutlich die Enttäuschung in seinem Gesichtüber den Mangel an Aal, der den alten Beruf unrentabel macht,das Rausfahren auf das Wasser, "wenn dich keiner sieht und keinerhört". Die Kamera von MichaelChauvistré bleibt auf Gesprächs-Abstand, verfremdetdie vorgefundene Welt nicht mit einer künstlerischen Montage,wie zum Beispiel bei Georg Maas, dem anderen bekannten Filmemacheraus Aachen. (Die Reihe des Ludwig Forums könnte gut mit diesenWerken oder mit den guten Arbeiten der Fachhochschule für Designfortgesetzt werden.)

Bei "Barbara und Fenja", dem Porträt zweierjunger Medizinstudentinnen aus Rostock, verharrt Michaelim Allgemeinen wechselweiser Interviews mit eingeschnittenen Szenenaus dem studentischen Leben. Interessanter wird da wieder der dritteFilm des Dienstag Abend im Space (ab 20 Uhr). "Klein Hundorf" isteine Landkommune, die nach der Wiedervereinigung teils aus demStart-Geld der DDR-Bürger entstand. Wir sehen dickeWollpullover, ein gemeinsames Bad in Riesenwanne, eine MengeIdealismus, Bauchtanz im Takt des Schmiedehammers. Das Aufleben alterIdeen auf neuem Boden bestimmen die charmant wiedergegebeneanachronistische Erscheinung "Klein Hundorf".


Eine Kritik von GünterH. Jekubzik

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