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The Opposite of Sex

USA 1998 (The Opposite of Sex) Regie und Buch Don Ross, 101 Min.

Es ist Schlampenzeit im Kino! Eine scheinbar unabwendbare Folge der Teeniefilm-Schwemme sind die gemeinen Biester. Demnächst kommen sie als "Eiskalte Engel" ins Kino. Aber die Heldin aus "The Opposite of Sex", diese Dedee (Christina Ricci, die schon als kleine Tochter der "Addams Family" düsterste Gedanken hatte) schlägt sie alle ...

Dedee fordert die Zuschauer nicht nur direkt mit rüden Aufforderungen zum Mitdenken auf ("Ihr denkt doch nicht etwa, ich sei tot? HALLO! Ich bin die Erzählerin ..."), sie beschimpft uns auch noch derbe. Vor allem die Sehnsucht nach einer positiven Identifikationsfigur, oder zumindest nach positiven Entwicklungen, läuft regelmäßig komisch gegen eine Wand aus spöttischer Menschenverachtung.

Für Dedee sind alle anderen Softies und Loser, also Schwächlinge und Versager (für euch, die ihr das mit dem Englisch nicht rafft). Vor allem ihr Halbbruder Bill (Martin Donovan), denn der ist auch noch schwul. Aber er hat eine Stange Geld von seinem aidskranken Lover Tom geerbt und so zieht es Dedee nach dem Tod des Stiefvaters in das opulente, geschmackvoll eingerichtete Heim des nahen Verwandten. Dort wird nach einer kurzen Kunstpause direkt Bills neuer, "aber ich bin doch schwul" Freund verführt, das Konto geleert und die Sause gemacht

Mit Lucia (Lisa Kudrow), der liebenden Schwester Toms, geht es jetzt auf Suche nach Dedee, wobei jeder hinter dem Falschen her ist: Der allgegenwärtige Polizist Carl (herrlich: Lyle Lovett) will beharrlich was von Lucia (sprich: Lutschia). Lucia will das Beste für Bill. Bill will seinen Lover zurück und der will Dedee. Dedee will nur Geld und vieeeeel Spaß.

Die rotzfrechen Sprüche Dedee sind so vorzüglich gemein, daß man ihr alles verzeihen würde: "Ohne meine Hilfe rafft ihr es ja doch nicht ..." Einige Effekte sind treffend wie in den besten Filmparodien: "It's just music," unterbricht sie einen Moment großer Rührung: "Jammert nicht, hier macht nur die Musik auf Stimmung ... " So frech wie das Gör mit den Konventionen menschlichen Umgangs umspringt, geht der Film mit den üblichen Erwartungen um. Dadurch bietet er ein frisches Vergnügen für alle, die der Hollywood-Routine überdrüssig sind.

Als dann aber irgendwann mit Dedees Verschwinden auch ihr Kommentar für einige Zeit wegfällt, braucht der Film jedoch zu lange, bis er den anderen Figuren die Tiefe geben kann, die sie wieder interessant machen. Schade, es ging so gut los!

Bei so einem frechen Film ist es nicht einfach, eine schnelle Punktwertung in Sachen political correctness abzugeben. Weil Dedee sich mit den schwulenfeindlichen - und überhaupt alles-feindlichen Sprüchen selber diskreditiert? Macht sie dies wirklich? Betreibt Harald Schmidt mit Polenwitzen Aufklärung? So bleibt diskutierbar, ob "The Opposite of Sex" für oder gegen Sex, Schwule und Freundlichkeit ist. Und am Ende gibt es doch eine Wende, die alle vorherigen Gemeinheiten zurücknimmt: "I never was the same again after that summer" - "Nach diesem Sommer war alles anders," ist genau der Satz, den Dedee nie aussprechen wollte und sollte.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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