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Liebe deine Nächste!

BRD 1998 (Liebe deine Nächste!) Regie Detlev Buck

Sie sind "Soldaten Gottes", grüßen mit einem zackigen "Halleluja!" und wollen mit dem Motto "Suppe, Seife, Seelenheil" Obdachlosen helfen. Ihr neuer Marschbefehl bringt Isolde (Heike Makatsch) und Josefine (Lea Mornar) nach Berlin, eine Stadt in der einem Russen Pistolen zustecken und bald darauf erschossen daliegen, Menschen sich reihenweise von den Dächern in den Tod stürzen und die Penner im Obdachlosenheim auf den Tischen tanzen.

Leutnant Josefine - aus "dem Osten" - kehrt die liederlichen Sitten resolut raus und motiviert die schlaffen Bettler zum spendenträchtigen Musizieren mit Tuba und Gitarre. "Danke! für diesen guten Morgen, Danke! für jeden neuen Tag," singen bald alle gereinigten und dynamischen Penner. Nur für sexuelle Erfüllung kann sich nur keiner bedanken. Dabei baggert ein elitärer, menschenverachtender Wegrationalisierer schon eine Weile hinter Josefine her. Mit dicken Spenden versucht Tristan Müller (Moritz Bleibtreu) sich auch dieses scheue Wesen zu kaufen. Josefine allerdings ... will auch!

Frauen geben diesmal die gewohnt wortkargen Helden: Ein redseliges "Dann ist ja alles geklärt" kostet Leutnant Isolde (die Makatsch) schon etwas Überwindung. Es sind tolle Hauptdarstellerinnen, ihre Rollen wurden inspiriert von Lubitschs "Ninotschka", die als Kommunistin von Liebe und Leben im Westen verführt wurde.

Ähnlich wie in Schüttes "Fette Welt" (Start 28.1.99) geht es um Obdachlose in deutschen Städten. Das Soziale, die Verbrüderung mit dem Rest der Zwei-Drittel-Gesellschaft, verläuft mit Spaß und frechen Ideen. Es kommt keck daher, wie letztendlich auch die Barmherzigen Schwestern im ärmellosen Samariter-Dress. Letztlich könnte Liebe fast die Klassengrenzen überwinden, Harmonie heuchelnd wie einst in Fritz Langs Metropolis. Aber Tristan ist ein Musterexemplar der Gattung Riesenarsch: Selbst für 10 Millionen würde er nicht arm sein wollen, meint er betonen zu müssen. Und Josefine verkündet er stolz und extrem beschränkt: "Wenn es mich nicht gäbe, würde dein Verein gar nichts zu tun haben."

Regisseur Buck, der selbst als Penner auftritt, bietet einige simple Kontrastmontagen etwa von spärlicher Suppenkost auf snobistisches Restaurant. So was erwartet man eher bei Frischlingen aus der Filmhochschule. Ansonsten sieht man oft wenig: Nach dem aggressiven Vorspann wechselt der Stil des Films immer wieder. Ganz anders als bei den klaren, trockenen Bucks "Erst die Arbeit und dann!?", "Karniggels", "Wir können auch anders" und zuletzt "Männerpension".

"Immer anders, immer Buck" meint das Presseheft vorsorglich. Denn Detlev Buck, der sich nur noch Buck nennt, drehte kunstvoll: "arti" und viel zu artig. Der Biß hat keinen Platz mehr zwischen den dunklen Bildern, den ruckartigen Kameraschwenks und den werbemäßig rennenden Beinen auf nassem Pflaster. Außerdem gibt es zu wenig dieser aufbauenden Kirchenlieder im Stile von "Danke!".


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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