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Celebrity

USA 1998 (Celebrity) Regie und Buch Woody Allen, 113 Min.

Woody Allen hat plötzlich einen britischen Akzent, sieht viel jünger aus und auch sonst erinnert das alles eher an einen Robert Altman-Film, einen schwachen allerdings! Die Rolle, die Allen in so vielen Filmen verkörperte, übernahm für "Celebrity" nur der britischen Shakespeare-Mime Kenneth Branagh.

Der Journalist und Möchtegern-Filmautor Lee Simon (Kenneth Branagh) will wie so viele alternde Männer noch mal was erleben und irrt, nach dem er seine langjährige Gattin Robin (Judy Davis) verließ und den Familienvolvo gegen einen Aston Martin austauschte, von Frau zu Frau. Stammelnd verbringt er den Abend mit einem multi-perversen Model, bei einem Interview mit dem Filmstar Nicole Olivier (Melanie Griffith) übernimmt diese seinen Stift. Atemlos hetzt Lee dann dem Jungstar Brandon Darrow (Leonardo DiCaprio) bei einem ausschweifenden Ausflug hinterher und zwischendurch flirtet er mit dem aufsteigenden Star Nola (Winona Ryder).

Seine Ex-Frau hingegen amüsiert uns derweil mit ihrer Unsicherheit, mit einer fahrigen Nervosität und wilden Wutausbrüchen, immer wenn es auf dem kulturellen Parkett zu Begegnungen mit ihrem ja schon "längst überwundenen" Ehemaligen kommt. Robins Leben ändert sich schlagartig, als sie den Fernsehmacher Tony Gardella (Joe Mantegna) trifft, der völlig von ihr begeistert ist. Privat und beruflich macht er seine neue Liebe zum Star. Eine Traumkarriere, wären da nicht die selbstgebauten Hindernisse ...

Wie schon der Titel sagt, geht es um Berühmtheit in verschiedenster Form, aber auch wie so oft bei Allen um eine Midlife Crisis, darum wie mann und frau sich auf dem Weg zum Glück selbst ein Bein stellen. Doch diese Handlungslinien verbinden nur lose die Szenenfolge, die zwar alle den gemeinsamen Nenner "Berühmtheit" haben, aber nichts Neues, Aufschlußreiches oder Komisches zu diesem an sich schillernden Sujet beitragen. Da gibt es die Talkshows, die hemmungslos Juden und Nazis, Schwarze und Kuklux-Klan im Dienste einer kurzen Telepräsenz zusammenmischen. Da geht es selbstverständlich öfters um Oralsex, denn was den US-Präsidenten bewegt, kann auch das Volk nicht unberührt lassen. Und auch Andy Warhols Zitat, von den fünfzehn Minuten Ruhm, die jeder erhält, darf nicht fehlen. Vom Wettermann über die Promishow-Moderatorin bis zum Filmstar oder dem persönlich auftretenden Vielfach-Millionär Donald Trump - alle sind sie Celebrities.

"Celebrity" könnte man ja eigentlich jeden Allen-Film nennen, weil er immer viele der Berühmtheiten unterbringt, die unbedingt mit ihm drehen wollen. Bis auf wenige Stellen - wie etwa die Trennung just zum Zeitpunkt als die Möbelpacker das Zusammenleben besiegeln wollen - bleibt der neue Allen harmlos, hat nichts vom gemeinen Humor älterer Filme, macht sich höchstens mal mit hydraulisch blutenden Heiligenbildern über den Katholizismus extremer Prägung her. Berühmt ist das nicht.

Der filmische Zitatreigen in Schwarzweiß huldigt vor allem Fellinis "La Dolce vita", verweist aber auch immer zu Bunuels "Obskurem Objekt der Begierde". Er ist eingerahmt vom Schicksalsmotiv aus Beethovens 5. Sinfonie und endet mit der Premiere des Films, dessen Dreharbeiten er anfangs zeigte. Und dem jetzt etwas erfüllteren Aufschrei: Help!

Vor allem bei den Dialogen ist Hilfe notwendig. Allens schärfste Waffe - auch wenn sie zu selten richtig geschliffen ist - verblaßt durch die Synchronisation völlig. Auch wenn Lippen und Laute mal übereinstimmen, fehlt der Einklang von Stimmung und Inhalten. Es ist eigentlich erstaunlich, daß die Allen-Filme in Deutschland noch ganz respektable Zuschauerzahlen haben.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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