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Bulworth

USA 1998 (Bulworth) Regie und Story Warren Beatty, 108 Min.

Wir schreiben die Wahlen zum US-Senat 1996: Vor seinen eigenen Wahlspots sitzt jämmerlich zusammengesunken Senator Bulworth (Warren Beatty), zappt sich mit leerem Blick durch die hirnrissigsten Fernsehkanäle. Schlaftrunken kassiert er die Checks zur "Wahlkampfunterstützung" ein, läßt sich vom Lobbyisten eine millionenschwere Lebensversicherung einrichten.

Es geht die letzten Tage vor der Wahl noch mal nach Kalifornien, zu seinem Wahlvolk und ein Fernsehteam begleitet ihn dabei. Während sich das Wahlteam um die Quote, aber auch um den Schlaf und die Nahrungsaufnahme ihres Kandidaten sorgt, braust das Wahlkampfgeschäft weiter. Der "alte liberale Wein" wird in "neuen konservativen Schläuchen" verkauft.

Doch der lebensüberdrüssige Bulworth hat allerdings bei einem vertrauten Geschäftspartner bereits den Mord an sich selber in Auftrag gegeben. Und plötzlich vollzieht sich ein radikaler Bruch mit seiner bisherigen Rolle, folgt auf die leere Wahlkampfphrase "Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend" die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Einer schwarzen Kirchengruppe in L.A. erzählt er, daß ihr Viertel keine Unterstützung bekommt, weil es keine Politiker besticht. Spendenfreudigen Vertretern der Unterhaltungsindustrie schleudert er entgegen, daß sie eigentlich nur Mist fabrizieren und er nur sich wegen der jüdischen Wahlstimmen bei ihnen langweilt. Als Lösung für den Rassismus schlägt er vor, jeder solle sich mit jedem paaren, bis kein Hautunterschied mehr zu sehen ist. Und dann er benutzt sogar das schmutzige Unwort "Sozialismus".

Der verzweifelte Pressechef kann die zynischen Kommentare zur politischen Wirklichkeit nicht mehr aufhalten. So kommt es noch extremer: In einer langen, wilden Nacht lernt der alte Senator Bulworth zu rappen und zu scratchen, auf der Tanzfläche unbeholfen den neuesten Hiphop zu tanzen. Bulworth lebt seine Leidenschaft für die schwarze Kultur begeistert aus, singt holperig sogar seine eigenen Reime. (Der nachgemachte Ghetto-Slang ist allerdings so gemäßigt, daß ihn jeder verstehen kann. Was jedoch die deutsche Synchronisation aus dem Film macht, will ich gar nicht hören ...)

Daß so ein Politmärchen nicht gut ausgehen kann, ahnt man immer wieder zwischen den Scherzen: Wo versteckt sich der Killer, der sich nicht mehr zurückrufen läßt? Was will die junge Schwarze von ihm, und wieso ist der Obdachlose so auffällig oft im Bild?

"Bulworth" ist eine erstaunliche Mischung aus alberner Klamotte und unglaublich bissiger Politsatire. Manchmal fragt wann sich, wann denn Thomas Gottschalk endlich auftritt, dann rätselt man, wie so ein deutlicher Film überhaupt in die amerikanischen Kinos kam.

Warren Beatty hat beinahe das Rentenalter erreicht, mit seinem "Bulworth", den er schrieb, produzierte, inszenierte und spielte, zeigt sich der vielseitige Superstar noch mal von seiner frischesten Seite. Für seine Filme hat der Bruder Shirley MacLaines noch mehr Oscarnominierungen erhalten, als ihm Affären mit prominenten Frauen nachgesagt werden. Für "Bulworth" unterstützte ihn ein erlesenes Team mit dem Kameramann Vittorio Storaro, dem Setdesigner Dean Tavoularis und dem Komponisten Ennio Morricone.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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