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Déserts
Die Freunde Mehdi (Fehd Benchemsi) und Hamid (Abdelhadi Talbi) arbeiten für ein Inkassounternehmen. Eine Sisyphusarbeit im kargen Süden von Marokko. Die Menschen sind arm und nicht imstande, ihren Kredit zurückzuzahlen. Zu pfänden gibt es so gut wie nichts. Ratenzahlung ist keine Option. Schließlich kämpfen alle irgendwie ums Überleben. So landen am Ende nur ein Teppich, eine Ziege und eine Satellitenschüssel im klapprigen Auto der Schuldeneintreiber. Das Kreditinstitut, für das die beiden arbeiten, ist ein windiger Haufen mit zweifelhaften Geschäftspraktiken. Die Schuldner sind äußerst einfallsreich, wenn es darum geht, sich um die Rückzahlung zu drücken. So stolpern Mehdi und Hamid von einer absurden Szenerie in die nächste. Die urkomische Episoden erinnern dabei mit ihrem staubtrockenen Humor an das Kino von Aki Kaurismäki. Zwischen den Zeilen blitzt aber auch immer wieder Kritik an den Zuständen auf. Der Ton ändert sich drastisch, als ein entflohener Sträfling (Rabii Benjhaile) auftaucht, den ein Älterer auf den Rücksitz seines Motorrads gefesselt hat. Dann wird „Déserts“ plötzlich zu einem Rachedrama. Für 3000 Dirham sollen die Freunde den namenlosen Fremden überführen. Doch der klaut ihr Auto und übt blutige Rache an dem Mann, der ihn ins Gefängnis brachte, um mit seiner Frau durchzubrennen. Was als quirliges Roadmovie begann, entwickelt sich zu einem wortkargen Western mit langen, statischen Einstellungen. Regisseur Faouzi Bensaïdi lotet die beiden Enden dieser Tragikomödie gnadenlos aus. Der 56-Jährige fordert den Zuschauer heraus. Im Kern seines sechsten Spielfilms, der seine Weltpremiere im Rahmen des Cannes Filmfestivals feierte, steckt die ganze Bandbreite der menschlichen Existenz – Liebe und Tod, Freundschaft und Gier. Die ausdrucksstarken Aufnahmen von Florian Berutti unterstreichen das existentielle Drama. „Déserts“ ist ein ungewöhnlicher Trip für ein aufgeschlossenes Publikum.
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- Publiziert von:
- Lars Tuncay, 26.06.2024 / 3:54
- Rubrik:
- Kritiken LT
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